Samstag, 1. Juli 2023

Experte widerspricht Energie-Mythos: „Heizen mit Wasserstoff ist eine Sackgasse“ - wieder mal eine Debatte um grünen Wasserstoff

Nicht mal die Ministerin für Forschung weiß, warum  der Wasserstoff für Heizungen in ihrer Partei so hart erstritten wurde....Und dafür gab es nun diese ganze Angst und Hetze im Netz?
Dafür die höchste Verunsicherung der Verbraucher, die wiederum zu höchster Politikverdrossenheit führt?
Warum hat Lanz nicht mal früher nachgefragt, als all das noch zu verhindern gewesen wäre?
Da hätte er der Bundesrepublik einen großen Dienst erwiesen.
Warum hat die Presse, allen voran Focus und auch der Merkur,  so lange auf höchster Stufe polarisiert und die politischen Irrlichter damit unterstützt - ich könnte heulen wenn ich an die Hass-Kommentare denke, die sich unter den Berichten häuften. (Von Bild und Welt erwartet man ja nichts anderes...)

hier im Merkur  Artikel von Eileen Kelpe • 30.6.23

Experte widerspricht Energie-Mythos: „Heizen mit Wasserstoff ist eine Sackgasse“

Der FDP ist das Thema Wasserstoff beim Heizungsgesetz ein großes Anliegen – doch Energieexperten widersprechen und warnen vor falschen Anreizen für die Verbraucher.

Es wurde lange gezankt und diskutiert – doch nun soll das Gebäudeenergiegesetz (GEG) kommende Woche im Bundestag beschlossen werden. Besonders die FDP pochte darauf, dass ein Vorschlag im GEG aufgenommen wird: dass in Zukunft Gas-Heizungen mit Wasserstoff betrieben werden können. Doch diese Technologie ist nicht unumstritten und vor allem die Wissenschaft sieht darin keine alternative Heizmethode.

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger (FDP) äußert sich bei „Markus Lanz“ zur Bedeutung von Wasserstoff für die Wärmeversorgung der Zukunft und die „Schlüsseltechnologie“ KI.

Keine Argumente: Bei Markus Lanz findet FDP-Bildungsministerin keine klare Antwort für Wasserstoff

In der Talksendung Markus Lanz im ZDF fand auch Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger (FDP) keine klaren Antworten auf Nachfragen des Moderators zum Thema Wasserstoff. Lanz betonte: „Sie sind doch die Forschungsministerin, Sie müssen das doch wissen!“ Und fügt hinzu: Wann werde man in Deutschland mit grünem oder überhaupt mit Wasserstoff heizen können? Doch Stark-Watzinger weicht den Fragen aus und spricht von ‚Energieoffenheit‘ und bleibt ungenau: „Ich gehe davon aus, dass wir auch mit Wasserstoff heizen werden.“

Ebenfalls zu Gast war die stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros der Wirtschaftswoche, Sonja Álvarez, die entschieden gegen Stark-Watzinger hält. „Ich finde, dass die FDP hier tatsächlich eine komplette Irreführung der Wählerinnen und Wähler betreibt“, sagt Álvarez. Sie kritisiert, dass unter dem Begriff „Energieoffenheit“ von der FDP suggeriert werde, dass man sich weiter Gasheizungen einbauen könne und dass diese dann irgendwann plötzlich „Wasserstoff ready“ seien.

Energie-Experte warnt: keine Zukunft für Heizen mit Wasserstoff

Bei vielen Wissenschaftlern lautet der Konsens ähnlich: Sie glauben nicht, dass Wasserstoff eine wichtige Rolle beim Heizen von Gebäuden spielen wird. Dr. Jan Rosenow forscht am Environmental Change Institute an der britischen Universität Oxford und sagte gegenüber Focus online Earth: „Das ist eine Sackgasse. Wasserstoff wird nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen und muss importiert werden. Außerdem hinaus ist das Heizen mit Wasserstoff sehr viel teurer als etablierte Technologien wie die Wärmepumpe und Fernwärme.“

Keine falsche Hoffnung machen: Wasserstoff zu teuer für Privathaushalte

Rosenow betont, dass es zu wenig grünen Wasserstoff gebe, sodass man ihn nicht flächendeckend nutzen könne, da die Herstellung sehr verschwenderisch sei im Vergleich zu erneuerbaren Energien im Betrieb von Wärmepumpen und dass die Gasnetze noch nicht bereit für Wasserstoff seien. Sinnvoll sei es, ihn in der Industrie einzusetzen, um dort klimaneutraler zu werden.

Zudem sei Wasserstoff besonders teuer: „Um ein Haus mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr mit Wasserstoff zu beheizen, müsste man hierzulande 5000 Euro im Jahr bezahlen“, sagt er gegenüber Focus. „Das ist mehr als das Doppelte der zu erwartenden Betriebskosten einer Wärmepumpe mit Wärmepumpen-Stromtarif im Jahr 2030“. Aufgrund dessen empfiehlt er, dass man den Verbrauchern keine falsche Hoffnung machen sollte, dass in naher Zukunft das Heizen mit Wasserstoff im Privatgebrauch möglich sei. Es würde nur zu Verunsicherungen führen. (eike)


ZDF von Mark Hugo  Datum: 19.06.2023

Kompromiss zur Wärmewende: Wasserstoff im Heizkessel "keine Alternative"

Klappt die Wärmewende auch mit Wasserstoff im Heizkessel? Viele Forschende sind da mehr als skeptisch. Zur Wärmepumpe sei es keine effiziente und kostengünstige Alternative.

Der Kompromiss zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) liegt auf dem Tisch. Ein Punkt darin: Statt nur noch Wärmepumpen dürfen ab kommendem Jahr wohl grundsätzlich auch sogenannte Wasserstoff- oder "H2-ready"-Heizungen eingebaut werden. Gemeint sind vor allem herkömmliche Gasheizungen, die technisch auch mit Wasserstoff (H2) betrieben oder später daraufhin umgerüstet werden können.

Kritik: Klimagase durch die Hintertür

Die FDP hat diese "Technologieoffenheit" erfolgreich eingefordert. Umwelt- und Klimaverbände reden dagegen von einer "verpassten Chance für den Klimaschutz" (Klima-Allianz Deutschland) oder von einem wenig hilfreichen "politischen Deal" (Germanwatch). Sie fürchten, dass durch die Hintertür so noch lange Heizungen mit klimaschädlichem Erdgas betrieben werden könnten.

An eine echte Wasserstoff-Alternative im Heizungskeller glauben aber auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht, darunter Jan Rosenow, Energie-Experte an der Oxford University und Europa-Direktor der Denkfabrik Regulatory Assistence Project (RAP).

Nein, das ist sie nicht. 
Die Analyse von mehr als 40 unabhängigen Studien zeigt,
dass das Beheizen von Häusern mit Wasserstoff deutlich teurer, weniger effizient und umweltschädlicher ist als bewährte Alternativen.

Jan Rosenow, Oxford University

Wärmepumpen "primäre Strategie"

Eine Einschätzung, die Rosenow unter anderem mit dem Weltklimarat und der Internationalen Energieagentur teilt. Auch eine kürzlich veröffentlichte Fraunhofer-Studie im Auftrag des Nationalen Wasserstoff-Rates kommt zu dem Schluss: "Der Ausbau von Wärmepumpen ist in allen Versorgungsgebieten die primäre Dekarbonisierungsstrategie in der Raumwärme bis 2030, aber auch langfristig bis 2045."

An der Grenze zu Dänemark stehen mehrere Windparks, die nicht nur Strom erzeugen, sondern auch grünen Wasserstoff produzieren. Wie funktioniert das und was sind mögliche Probleme?

Wasserstoff für das Heizen von Gebäuden einzusetzen, sei zwar technisch möglich, schreibt das Umweltbundesamt auf seiner Website. "Jedoch gibt es ausreichend brennstofffreie Alternativen aus erneuerbaren Energien." Dass möglichen Wasserstoff-Heizungen bei der Energiewende so gut wie kein Potenzial zugestanden wird, hat dabei gute Gründe.

Bisher kaum grüner Wasserstoff

Grüner Wasserstoff ist und wird lange Zeit ein rares Gut sein.

Die gesamte globale grüne Wasserstoffproduktion könnte gerade einmal
0,2 Prozent des deutschen Energiebedarfs
für Raumwärme und Warmwasserbereitung bereitstellen.

Jan Rosenow, Oxford University

Und auch wenn die Massenproduktion in Zukunft ins Laufen kommt, werde der Wasserstoff dringend dafür gebraucht, Großindustrie oder Schifffahrt klimaneutral zu machen, so Rosenow. Und er ist als saisonales Speichermedium bei der Stromerzeugung gedacht, um Flauten zu überbrücken. Grüner Wasserstoff wird zu einem guten Teil importiert werden müssen, weil die nötigen Stromkapazitäten für die Produktion in Deutschland nicht ausreichen werden.

Wasserstoff-Heizung deutlich teurer

Die Infrastruktur dafür zu schaffen, wird noch viele Jahre dauern und viel Geld kosten. Ob und wie Wohngebäude einmal an ein mögliches Wasserstoffnetz angebunden werden, ist nebenbei noch gar nicht geklärt. Im eigenen Heim jedenfalls wäre der Aufwand wohl zu spüren.

Studien zeigen, dass das Heizen mit Wasserstoff inklusive aller Kosten
zwei- bis dreimal so viel kosten wird wie Wärmepumpen oder Fernwärme.

Jan Rosenow

Das liegt auch daran, dass grüner Wasserstoff aufwendig hergestellt werden muss - aus Wasser und Ökostrom. Schon dabei gehen etwa 30 bis 35 Prozent der ursprünglichen Energie verloren. Weitere Verluste entstehen beim Transport und bei der Speicherung. In Wärmepumpen fließt der Strom dagegen direkt.

Jetzt noch schnell eine Gasheizung einbauen und auf Wasserstoff hoffen,
ist eine hochriskante Strategie.

Jan Rosenow, Oxford University

Denn so lange Wasserstoff nicht in ausreichenden und bezahlbaren Mengen zur Verfügung steht, bleibt zwangsläufig Erdgas das Mittel der Wahl bei einer H2-tauglichen Gasheizung. Und das werde durch die deutsche CO2-Bepreisung und ab 2027 durch den EU-Emissionshandel immer teurer, erwartet Rosenow. Den Klimaschutz jedenfalls würde das so nicht voranbringen.


TAZ hier

Deutsche Umwelthilfe und fossile Heizungen: Nicht genug Wasserstoff zum Heizen

Beim Heizungstausch warnen Verbände Ver­brau­che­r:in­nen vor sogenannten H2-ready-Geräten. Wärmepumpen können in viele Gebäude eingebaut werden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt vor Schlupflöchern beim anstehenden Heizungsaustausch, die das Ende fossiler Anlagen herauszögern – und Ver­brau­che­r:in­nen teuer zu stehen kommen – können. Diese Gefahr sehen die DUH und andere Organisationen. Hintergrund ist die Zulassung sogenannter H2-ready-Geräte. Das sind Gasheizungen, die auf Wasserstoff umrüstbar sind.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen ab 2024 keine Gas- und Ölheizungen mehr in neue Gebäude eingebaut werden dürfen. Bestehende fossile Heizungen sollen nach und nach ausgetauscht werden. Der Einbau von Gasheizungen, die mit Wasserstoff betrieben werden können, soll aber weiterhin möglich sein. Entsprechende Geräte sollen mit einem „H2-ready“-Zeichen versehen werden. Voraussetzung für eine Betriebserlaubnis ist, dass für die Versorgung vor Ort ein Plan für die Errichtung eines Wasserstoffnetzes existiert.

Die DUH hält die Zulassung und den Verkauf von „H2-ready“-Geräten für Täuschung von Verbraucher:innen. Sie geht davon aus, dass es nicht genügend Wasserstoff zum Heizen geben wird.
„Es ist beschämend, wie Verbraucherinnen und Verbraucher aktuell mit falschen Versprechungen in die Irre geführt werden“, sagte DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz am Mittwoch vor Journalist:innen. „Sie sind es, die am Ende für teures Geld auf fossilen Heizungen sitzen bleiben.“

Die DUH fordert, dass die Bundesregierung die Wärmepumpe in den Mittelpunkt des Heizungsaustauschs stellt. Das Bundeswirtschaftsministerium geht zwar davon aus, dass die Wärmepumpe künftig die Standardlösung sein wird. Es wird dafür allerdings scharf kritisiert, etwa von der FDP, die auch beim Heizungsaustausch auf „Technologieoffenheit“ pocht – und deshalb die H2-ready-Geräte in den Gesetzentwurf verhandelt hat.

Wärmepumpe oft ohne Vollsanierung möglich

Auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) kritisiert die vorgesehene Zulassung wasserstofffähiger Gasheizungen als „Etikettenschwindel“. Wasserstoff werde auf mittlere und lange Sicht nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, um damit in Privathaushalten zu heizen. Davon ist man auch dort überzeugt. Jetzt drohten „massive Fehlinvestitionen in Geräte, die in wenigen Jahren wieder ausgetauscht werden müssen“, sagte bne-Geschäftsführer Robert Busch. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) sieht das ähnlich. „Was zählt, ist der tatsächlich genutzte Brennstoff und nicht der, den man irgendwann zu nutzen gedenkt“, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter.

Um über die Einsatzmöglichkeiten von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden und die damit verbundenen Kosten zu informiren, hat die DUH hat mit dem Energieberaterverband GIH ein „Faktenpapier“ herausgegeben. Wärmepumpen ließen sich in den meisten Gebäuden auch ohne Vollsanierung installieren, heißt es darin. Ohne weitere Maßnahmen könnte danach in der Hälfte der Gebäude eine Wärmepumpe eingebaut werden.


FOCUS online  hier  30.6.23

„Keine signifikante Rolle“ - Energie-Experte entlarvt Wasserstoff-Märchen der Heizdebatte

Heizen mit grünem Wasserstoff - dafür hat sich die FDP im Streit um das GEG eingesetzt. Doch wie realistisch ist das Heizen mit dem bisher kaum verfügbarem Energieträger? Zahlreiche Wissenschaftler erklären, dass der grüne Wasserstoff beim Heizen kaum eine Rolle spielen wird. 

Wärmepumpe, Biogas, Holzpellets oder grüner Wasserstoff? In der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz hat sich vor allem die FDP Technologieoffenheit auf die Fahnen geschrieben - und pocht im Gesetz auf Heizungen, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. Doch wie realistisch ist das Heizen mit grünem Wasserstoff? 

Auf die Frage, wann ernsthaft mit grünem Wasserstoff geheizt werden kann, konnte Bildungs- und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) gestern Abend bei Markus Lanz keine Antwort geben. Trotz mehrmaligen Nachhakens des ZDF-Moderators blieb die FDP-Politikerin in ihrer Antwort vage: „Ich gehe davon aus, dass wir auch mit Wasserstoff heizen werden“. Der ZDF-Moderator kritisierte daraufhin, dass die FDP Deutschland seit Monaten „mit der Wasserstoff-ready-Frage vor sich hertreibe“, ohne verbindlich sagen zu können, wann realistisch mit dem grünen Wasserstoff geheizt werden könne.

Energie-Experte entlarvt Wasserstoff-Märchen der Heizdebatte

Indes sind sich zahlreiche Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen jedoch sicher, dass grüner Wasserstoff keine nennenswerte Rolle beim Heizen im Gebäudesektor spielen wird. „Heizen mit Wasserstoff ist eine Sackgasse“, sagt Dr. Rosenow gegenüber FOCUS online Earth. Der Oxford-Absolvent ist einer der führenden Energie-Experten und forscht seit Jahren an der Dekarbonisierung von Energiesystemen.

„Das ist eine Sackgasse. Wasserstoff wird nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Außerdem hinaus ist das Heizen mit Wasserstoff sehr viel teurer als etablierte Technologien wie die Wärmepumpe und Fernwärme“, so Rosenow. Der Energie-Experte entlarvt mit vier Argumenten, warum das Wasserstoff-Märchen beim Heizen keine Rolle spielen wird und das Wasserstoff-Argument die Bürger und Bürgerinnen nur verunsichert.

Es gibt zu wenig grünen Wasserstoff: Grüner Wasserstoff ist ein wichtiger Energieträger, um die Klimaziele zu erreichen. Aber: Es gibt nicht genug. „Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 in Deutschland eine Kapazität von 5 Gigawatt an Wasserstoffelektrolyseuren zu installieren. Das entspricht rund 14 Terawattstunden Wasserstoff pro Jahr. Damit könnte man weniger als 2 Prozent des gesamten Gebäudebestands beheizen“, sagt Rosenow. Viel wichtiger sei es daher, den grünen Wasserstoff in den Branchen einzusetzen, die keine andere Möglichkeit haben, klimaneutral zu werden. Vor allem in der Stahl- und Chemieindustrie sowie im Flug- und Schiffsverkehr werde grüner Wasserstoff benötigt, um die hohen Treibhausgasemissionen einzusparen.

Wasserstoff ist sehr teuer: Eine wissenschaftliche Studie im Auftrag der Bundesregierung prognostiziert, dass in Deutschland produzierter grüner Wasserstoff im Jahr 2030 rund 25 Cent pro Kilowattstunde kosten wird. Das sei für viele schlicht zu teuer, sagt Rosenow: „Um ein Haus mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr mit Wasserstoff zu beheizen, müsste man hierzulande 5000 Euro im Jahr bezahlen. Das ist mehr als das Doppelte der zu erwartenden Betriebskosten einer Wärmepumpe mit Wärmepumpen-Stromtarif im Jahr 2030“.

Heizen mit Wasserstoff ist verschwenderisch: Die Herstellung von „grünem Wasserstoff“ durch Elektrolyse ist extrem verschwenderisch im Vergleich zur direkten Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien für den Betrieb von Wärmepumpen oder das Laden von Elektrofahrzeugen. „Um ein Haus mit grünem Wasserstoff zu beheizen, braucht man etwa fünfmal so viel Wind- oder Solarstrom wie für die Beheizung desselben Hauses mit einer effizienten Wärmepumpe“, bilanziert Rosenow. Um genügend grünen Wasserstoff zu produzieren, müssten also noch deutlich mehr Wind- und Solaranlagen gebaut werden. Auch wenn die Bundesregierung derzeit mit verschiedenen Ländern kooperiert, um grünen Wasserstoff zu importieren, reichen auch diese Mengen noch nicht aus, um neben der Industrie und dem Flug- und Schiffsverkehr auch kurzfristig den Gebäudesektor zu dekarbonisieren.

Die Gasnetze sind nicht bereit für Wasserstoff: “Es ist nicht einfach, ein Gasnetz auf Wasserstoff umzustellen", sagt der Energieexperte. Haushalte, die H2-Ready-Heizungen installieren wollen, können dies nur unter strengen Auflagen tun. Der Gasnetzbetreiber muss einen plausiblen Nachweis in einem Wasserstoffumstellungs- und Investitionsplan vorlegen und von der Regulierungsbehörde prüfen lassen. Hinzu kommt: „Wasserstoff ist ein anderes Gas mit anderen Eigenschaften. Es kann ältere Leitungen korrodieren und ist leichter entflammbar. Außerdem müssten alle bestehenden Zähler und Heizungen ausgetauscht werden, nicht nur die, die am Ende ihrer Lebensdauer durch H2-taugliche Heizungen ersetzt werden. Und das alles zu hohen Kosten für die Gasnetzbetreiber“.

Energie-Experte fordert mehr Realismus und weniger Wunschdenken in Heizdebatte

Dennoch betont der Energie-Experte Dr. Rosenow, dass es Anwendungen für Wasserstoff im Heizungsbereich geben wird. „Hybride Wärmepumpen könnten eine Rolle spielen, indem sie während langer Kälteperioden eine kleine Menge Wasserstoff als Reserve verwenden. Wasserstoff kann auch in der Stromversorgung wichtig werden und so indirekt die Elektrifizierung der Wärmeversorgung unterstützen. Und die Abwärme von Elektrolyseuren kann und sollte in Fernwärmenetzen genutzt werden."

Man dürfe aber auch keine falschen Hoffnungen wecken, lautet das Fazit von Dr. Rosenow. „Wir machen den Bürgerinnen und Bürgern mit der Hoffnung auf das Heizen mit Wasserstoff etwas vor. Der Effekt solcher Scheinargumente ist es, die Wärmewende zu verzögern. Wir brauchen in der Debatte mehr Realismus und weniger Wunschdenken“, so Rosenow.

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