Montag, 8. Mai 2023

Update Petersberger Klimadialog: Vertreter von 40 Staaten hatten sich in Berlin zur Vorbereitung der COP 28 in Dubai getroffen. Was sind die Ergebnisse?


NDR  hier 
zum Ende des Klimadialogs


WIWo hier   | Quelle: dpa

Scholz dringt auf verbindliche Ziele für erneuerbare Energien

In Berlin waren Vertreter von mehr als 40 Staaten zur Vorbereitung der Weltklimakonferenz zusammengekommen, die Ende November im Emirat Dubai beginnt. Der designierte Präsident der Klimakonferenz, Sultan Ahmed al-Dschaber, bekannte sich in der deutschen Hauptstadt ebenfalls zum zügigen Ausbau erneuerbarer Energien und nannte ähnliche Zahlen wie Scholz: „Wir werden die Umsetzung beschleunigen in Bereichen wie den Erneuerbaren, die ihre Kapazität bis 2030 verdreifachen müssen und bis 2040 noch einmal verdoppeln.“

Scholz: Zwei Milliarden Euro für den Grünen Klimafonds

Der Petersberger Klimadialog bringt seit 2010 jedes Jahr eine Auswahl an Ländern zur Vorbereitung der Weltklimakonferenz zusammen. In Dubai soll die Weltgemeinschaft eine Bilanz ihrer bisherigen Bemühungen ziehen und sie an den Zielen messen, die bei der Pariser Klimakonferenz im Jahr 2015 vereinbart worden waren. Das Vorhaben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, gilt mittlerweile als kaum noch erreichbar.

Deshalb wurde bei dem zweitägigen Treffen in Berlin über Möglichkeiten diskutiert, den Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Kohle und Gas zu beschleunigen und die Nutzung von Wind- und Solarenergie voranzubringen. Dabei geht es auch um Finanzhilfen für ärmere Länder.

Scholz sagte zwei Milliarden Euro für den Grünen Klimafonds zu, der Schwellen- und Entwicklungsländern zugute kommt. Mit dem Geld sollen sie Klimaschutzprojekte finanzieren, sich an den Klimawandel anpassen und eine klimafreundlichere Wirtschaft aufbauen. Durch die Zusage des Kanzlers gibt Deutschland nach Regierungsangaben als erster größerer Geber seinen Beitrag für die Finanzierungskonferenz bekannt, die Anfang Oktober in Bonn stattfinden soll.

Neubauer: „Ausstieg aus allen fossilen Energien“

Auch den von ihm angeschobenen internationalen Klimaclub sieht Scholz auf einem guten Weg. Dabei gehe es um „pragmatische Lösungen für den Klimaschutz, auch jenseits des wichtigen Energiesektors“, sagte der Kanzler. „Wir wollen möglichst viele ambitionierte Länder an einen Tisch bringen, die gemeinsam die klimafreundliche Entwicklung ihrer Industrie voranbringen.“ Seit der Gründung des Clubs im vergangenen Dezember seien neben Chile als Co-Vorsitz auch Argentinien, Indonesien und Kolumbien beigetreten.

Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer warf Scholz allerdings vor, die „unbequeme Wahrheit“ auszublenden. Investitionen in erneuerbare Energie reichten nicht aus: „Es braucht auch einen radikalen Ausstieg aus allen fossilen Energien.“ 

Martin Kaiser von der Umweltschutzorganisation Greenpeace beklagte, der Kanzler wolle politische Versäumnisse verschleiern: „So begrüßenswert die finanzielle Zusage für den Grünen Klimafonds ist, so unglaubwürdig wird sie, wenn die Bundesregierung weiter umstrittene Gasbohrungen in Australien, dem Senegal oder vor Borkum unterstützt.“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) setzt beim Kampf gegen das klimaschädliche Treibhausgas Kohlendioxid auf die Natur: „Gesunde Ökosysteme – Wälder und Moore, Meere und Auen – binden CO2 aus der Luft und speichern es langfristig“, sagte sie laut offiziellem Redetext beim Klimadialog. Deshalb wolle sie andere Staaten bei „naturbasierten Lösungen“ unterstützen – etwa der Stärkung von Wäldern und einer verträglicheren Form der Landnutzung.


Deutschlandfunk  hier  02.05.2023

In Berlin treffen sich heute Vertreter aus 40 Staaten zu einer Klimakonferenz.

Der so genannte Petersberger Klimadialog bringt seit 2010 jedes Jahr eine Auswahl an Ländern zur Vorbereitung der jährlichen Weltklimakonferenz zusammen. Außenministerin Baerbock wird die Beratungen leiten. 

Die diesjährige Weltklimakonferenz findet ab Ende November zwei Wochen lang im Emirat Dubai statt. Die Emirate zählen zu den zehn größten Ölproduzenten der Welt. Das bisherige Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, gilt angesichts der bisherigen Klimaschutzbemühungen als zunehmend unrealistisch.



ZEIT ONLINE   Quelle: dpa  1. Mai 2023,
UN-Konferenz: Umweltschützer: Öl-Manager soll nicht Klimakonferenz leiten

Vor dem Petersberger Klimadialog äußern sich Umweltschützer entsetzt darüber, dass die nächste Weltklimakonferenz COP28 in Dubai vom Top-Manager eines Ölkonzerns geleitet wird. 
Der designierte COP-Präsident Sultan Ahmed al-Dschaber, der am Dienstag und Mittwoch beim Klimadialog in Berlin mit Außenministerin Annalena Baerbock als Gastgeber auftritt, ist Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate und zugleich Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc.

Greenpeace sei deswegen «zutiefst beunruhigt», sagte der geschäftsführende Vorstand Martin Kaiser der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er sprach von einem gefährlichen Präzedenzfall und einem beispiellosen Interessenkonflikt. «Das ist so, als ob das Umweltbundesamt vom Chef von VW geleitet würde.» Die Vereinten Nationen müssten dem einen Riegel vorschieben. «Um die Erosion des öffentlichen Vertrauens in die UN zu beenden, muss der Generalsekretär die Politik der Interessenkonflikte verbieten.»

Zum zweitägigen Klimadialog der Bundesregierung in Berlin werden Teilnehmer aus etwa 40 Staaten erwartet. Geplant ist auch eine Rede Al-Dschabers, der in den ersten beiden Dezemberwochen die Klimakonferenz in Dubai leitet. Der COP-Präsident hat eine wichtige Rolle als Vermittler für Kompromisse zwischen den fast 200 Staaten.

Immerhin: Al-Dschaber hat schon an etlichen UN-Klimakonferenzen teilgenommen und ist auch mit dem Thema Energiewende vertraut. Er hat 2006 das staatliche Erneuerbare Energien-Unternehmen Masdar mit Sitz in Abu Dhabi gegründet und geleitet, das Wind- und Solar-Projekte in mehr als 40 Ländern mit angeschoben hat.

Acht neue Bohrinseln in einem halben Jahr

Die Emirate zählen zu den zehn größten Ölproduzenten der Welt und wollen trotz Klimakrise ihre klimaschädliche Öl-und Gas-Produktion weiter ausbauen. Allein im zweiten Halbjahr 2022 hat Adnoc acht neue Bohrinseln in Betrieb genommen, der Nettogewinn stieg um mehr als 30 Prozent auf etwa 800 Millionen US-Dollar.

Die Internationale Energieagentur (IEA) ruft aber dringend dazu auf, ab sofort keine neuen Öl- und Gasvorkommen mehr zu erschließen, um die Klimakrise einzudämmen. Auch der Weltklimarat IPCC warnt, Investitionen in neue fossile Lagerstätten seien nicht mit dem Ziel vereinbar, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Brice Böhmer von Transparency International sagte der dpa, nötig seien klare Regeln der UN zur Vermeidung solcher Interessenkonflikte. Er wies darauf hin, dass bei der vergangenen Weltklimakonferenz in Ägypten mehr als 600 Öl- und Gaslobbyisten akkreditiert gewesen seien. Zur Personalie Al-Dschaber sagte er, dessen Nominierung gefährde die Glaubwürdigkeit der UN. Ein Boykott der COP28 in Dubai sei aber nicht sinnvoll, weil dies Korruption und unangemessene Einflussnahme eher noch stärken würde. Die Nichtregierungsorganisation widmet sich seit 30 Jahren der weltweiten Bekämpfung von Korruption.

Posten als Konzernchef niederlegen

Die Exekutivdirektorin des Climate Action Network (CAN), Tasneem Essop, bekräftigte ihre Forderung, das Al-Dschaber seinen Posten als Konzernchef niederlegen müsse - zumindest für die Zeit, in der die Emirate die Klimakonferenz ausrichten. Dies schaffe zumindest eine Art «Brandmauer» zwischen seinen Rollen. Ein COP-Präsident müsse objektiv agieren und frei sein von Interessen der Fossil-Industrie. Die UN-Klimadiplomatie hätte schon «vor Jahrzehnten» ein Regelwerk dazu erlassen müssen, sagte sie. Im Netzwerk CAN sind mehr als 1300 Klimaschutz-Organisationen in etwa 130 Staaten zusammengeschlossen.

Die Umweltschutzorganisation WWF vertritt die Ansicht, dass der Klimadialog für Kanzler Olaf Scholz (SPD) zum «Klima-Knackpunkt» wird. National sehe die klimapolitische Bilanz der vergangenen Wochen mau aus, erklärte Viviane Raddatz, Klimachefin des WWF Deutschland. «Auf internationaler Bühne gilt es nun dafür zu sorgen, dass insbesondere bei der Minderung von Emissionen nachgelegt wird.»

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