Dienstag, 9. Mai 2023

"Ländle leben lassen": Steuerungskreis trifft Ministerin

 07.05.2023  hier im Südkurier

Initiative will zunehmende Flächenversiegelung stoppen

Wieder ein neuer Parkplatz, hier ein Industriegebiet und dort eine Neubausiedlung. In Baden-Württemberg verschwindet täglich rund ein halbes Dutzend Hektar pro Tag unter Beton oder Asphalt. Mehr als acht Fußballplätze. Viel zu viel, kritisiert ein breites Bündnis von Umwelt-, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden und fordert verbindliche Obergrenzen für den Flächenverbrauch. Diese Grenzen müssten gesetzlich verankert werden, heißt es im sogenannten Volksantrag „Ländle leben lassen“, für den die Verbände Unterschriften sammeln. Insgesamt werden 40 000 Unterzeichnende benötigt, damit der Landtag über den Volksantrag berät und die Initiatoren anhört, teilten die Verbände mit.

Die Initiatoren wollen erreichen, dass die Landesregierung gesetzlich möglichst eine Obergrenze von höchstens 2,5 Hektar pro Tag festlegt, die bebaut werden darf. Aktuell werden 6,2 Hektar pro Tag im Land versiegelt – das entspricht einer Größe von neun Fußballfeldern.

Das zuständige Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen hat nun den Steuerungskreis zu einem Fachgespräch nach Stuttgart eingeladen, am 15. Mai wird Ministerin Nicole Razavi unter anderem mit Gerhard Bronner, dem Vorsitzenden vom Landesnaturschutzverband (LNV), an einem Tisch sitzen. „Das finden wir natürlich gut, dass wir schon so früh in die Diskussion einbezogen werden“, sagt Bronner dieser Zeitung. Er erhofft sich von dem Gespräch neue Ideen oder zumindest Nachfragen zu ihren Forderungen.

Gut ein Jahr hat Bronner als Mitinitiator gebraucht, um ein so heterogenes Bündnis auf die Beine zu stellen. Aber auch den Bauernverbänden liegt viel daran, dass nicht zu viel fruchtbare Böden verbaut werden. Eine Generation verbrauche gerade, sagt Karl-Heinz Mayer vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband, eine Fläche von der Größe des Bodensees.

Dass die 40 000 Unterschriften schnell zusammenkommen, dafür ist Bronner zuversichtlich. Denn die 17 Verbände kommen zusammen auf 720 000 Mitglieder.

Den Flächenfraß in Baden-Württemberg hat auch die Landesregierung schon lange als Problem erkannt, wertvoller Lebensraum geht damit verloren. Allein in einer Streuobstwiese leben rund 6000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, erzählt Jan Burger. Aus diesem Grund hat Grün-Schwarz in ihren Koalitionsvertrag hineingeschrieben, dass sie bis 2035 eine Netto-Null erreichen wollen – ohne jedoch konkreter zu hinterlegen, wie sie das verwirklichen wollen. Netto-Null bedeutet, dass nicht mehr Böden versiegelt werden sollen, als neue durch Entsiegelung wieder entstehen können. Einig seien sie sich alle in der Zielsetzung, sagt Razavi.

„Wenn wir etwas ändern wollen, wird es ohne verbindliche Obergrenze nicht gehen“, so Bronner. Razavi kündigt ein Maßnahmenpaket im Kabinett an. (Besonders viele Ideen gibt`s bisher nicht, wie man auf den Naturschutztagen von Andrea Lindlohr, Staatssekretärin aus dem Ministerium, erfahren konnte)) „Außerdem haben wir ein Gutachten in Auftrag gegeben, um von Experten klären zu lassen, welche Instrumente fürs Flächensparen tauglich wären und welche nicht.“ 

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