Mittwoch, 29. Mai 2024

Für gerechtere Wirtschaftspolitik: Ökonomen fordern Agenda gegen Populismus

hier  29.05.2024, 

Dutzende renommierte Wissenschaftler rufen zu einer Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik auf. Sie schlagen tiefgreifende Veränderungen vor, um dem Vertrauensverlust in die liberalen Demokratien zu begegnen.

Angesichts wachsenden Misstrauens gegenüber den liberalen Demokratien haben Wissenschaftler in Berlin zu einer neuen Politik aufgerufen. Regierungen müssten dringend dafür sorgen, dem gefühlten oder tatsächlichen Kontrollverlust zu begegnen, der viele Menschen umtreibe, heißt es in dem Aufruf des Forums New Economy . Denn dies sei eine der wichtigsten Ursachen für den »Unmut der Menschen« – und für den Vertrauensverlust in die Demokratie.

Kern der neuen Wirtschaftspolitik sollte es sein, sich nicht mehr ausschließlich auf wirtschaftliche Effizienz zu fokussieren, sondern auf die Schaffung von geteiltem Wohlstand und sicheren, qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen. Die Industriepolitik sollte proaktiv bevorstehende regionale Umbrüche angehen, indem sie neue Industrien bei der Transformation unterstütze – und nicht wie bislang oft Subventionen und Kredite verteile, um deren Status quo zu erhalten.

Prominente Ex-Politiker fordern mehr Geld für Globalen Süden

Ein weiterer wichtiger Bestandteil sei eine »gesündere Form der Globalisierung«, die Vorteile des Freihandels mit dem Schutz der Schwächsten und der Koordinierung von Klimapolitik ausbalanciere und gleichzeitig die nationale Kontrolle über wesentliche strategische Interessen wahre. Dazu müssten dringend Einkommens- und Vermögensungleichheiten angegangen werden, die durch Erbschaften und finanzielle Marktmechanismen verstärkt würden – zum Beispiel durch die Stärkung von schlecht bezahlten Arbeitskräften und eine angemessene Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen.

Zu den Unterstützern des Aufrufs gehören:

der Harvard-Professor Dani Rodrik,

Mariana Mazzucato vom Londoner University College,

Columbia-Ökonom Adam Tooze, der New Yorker Ungleichheitsexperte Branko Milanović,

der Ökonom Thomas Piketty,

der frühere IWF-Chefökonom Olivier Blanchard,

Jens Südekum von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität,

Isabella Weber von der University of Massachusetts Amherst

und Transformationsforscherin Maja Göpel.

 

Aufschwung des Populismus im Superwahljahr?

Populisten drohen im globalen Superwahljahr 2024 einen Aufschwung zu erleben. Das verbreitete Gefühl von Machtlosigkeit werde unter anderem durch die Globalisierung und den technologischen Wandel gespeist, heißt es in dem Aufruf. Und nun auch noch durch den Klimawandel, KI und die Inflation. »Jahrzehntelang schlecht gemanagte Globalisierung, übermäßiges Vertrauen in die Selbstregulierung der Märkte und Austerität haben die Fähigkeit der Regierungen ausgehöhlt, wirksam auf solche Krisen zu reagieren.«

Nun bedürfe es eines neuen politischen Konsens, der sich mit den Ursachen des Misstrauens der Menschen befasst – statt sich nur auf die Symptome zu konzentrieren oder in die Falle der Populisten zu tappen, die vorgäben, einfache Antworten zu haben. Da die Gefahr von bewaffneten Konflikten auf der ganzen Welt gestiegen sei, müssten liberale Demokratien wieder ihre Fähigkeit unter Beweis stellen, sowohl ihre Werte zu verteidigen als auch direkte Feindseligkeiten zu entschärfen, heißt es in dem Aufruf weiter.

Jeder Versuch, die Bürger und ihre Regierungen dauerhaft wieder in die Verantwortung zu nehmen, habe das Potenzial, nicht nur das Wohlergehen vieler Menschen zu fördern. Er werde auch dazu beitragen, das Vertrauen in die Fähigkeit unserer Gesellschaften, Krisen zu lösen und eine bessere Zukunft zu sichern, wieder zu stärken. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen