Sonntag, 19. Mai 2024

Dreht sich was?

hier im Spiegel  Von Alina Schadwinkel  18.05.2024

Der britische Premier Sunak gibt munter Bohrprojekte frei, bei einer Wiederwahl von Donald Trump dürften die US-Ölkonzerne frohlocken. Doch beide bekommen auch Gegenwind aus unerwarteter Richtung.

Noch nie seit 2000 Jahren war ein Sommer im Norden so heiß wie der von 2023. Und die Erhitzung der Erde schreitet fort. Auch, weil die globalen Treibhausgasemissionen weiter steigen.

Damit sich das ändert, hatten sich die Teilnehmenden des Uno-Klimagipfels im vergangenen Jahr, der COP28, auf einen »Übergang weg von fossilen Brennstoffen« geeinigt – allerdings ohne einen festen Zeitplan.

Vielleicht auch deswegen vergeben Politiker weiterhin Lizenzen für neue Öl- und Gasfelder – etwa der britische Premierminister Rishi Sunak für die Nordsee. Er möchte das Netto-null-Ziel seiner Nation langsam angehen, wie er bereits im vergangenen Jahr mitteilte. Er sieht sein Land auf Kurs in Richtung Klimaneutralität. Das sind aber weder Großbritannien noch Deutschland oder der Rest der Welt bislang.  Vergangenes Jahr verschob Rishi Sunak das Verbot von Verbrennerautos und Öl- und Gasheizungen auf 2035

Vergangenen Monat wiederum versprach Ex-US-Präsident Donald Trump einer Auswahl von Ölmanagern während eines Dinners in seinem Mar-a-Lago-Klub in Florida: Wenn ihr mir eine Milliarde Dollar für meinen Wahlkampf 2024 zur Verfügung stellt, werde er große Teile von Präsident Bidens Umweltpolitik rückgängig machen. Zunächst hatte die »Washington Post«  darüber berichtet.

Laut einer Analyse, die dem »Guardian« vorliegt , könnte der von Trump angebotene Deal der Ölindustrie Steuererleichterungen in Höhe von 110 Milliarden Dollar bringen, wenn er ins Weiße Haus zurückkehrt.

Angesichts der katastrophalen Folgen der Erderwärmung – 2023 war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, extreme Wetterereignisse sorgen weltweit für Tote, und Staaten verzeichnen Schäden in Milliardenhöhe – wächst der Widerstand. Widerspruch kommt sogar aus den politischen Reihen der Klimaschutzverzögerer.

Sunaks Strategie gefährdet Wirtschaftswachstum laut Experten

So drängte diese Woche etwa eine parteiübergreifende Gruppe den britischen Premierminister zur Kehrtwende bei seinen Öl- und Gasförderplänen. 50 Abgeordnete haben den Premierminister aufgefordert, keine weiteren Genehmigungen auszustellen, einen Klimabeauftragten zu ernennen sowie die Beyond Oil and Gas Alliance  zu unterstützen. Darunter sind auch drei konservative Politiker, wie der »Guardian«  berichtet.

Am Donnerstag legten Berater der Regierung, die National Infrastructure Commission  (NIC), nach: Sunaks Strategie verzögere den Fortschritt bei der für das Wirtschaftswachstum notwendigen Infrastruktur.


»Wenn wir uns in den nächsten zwölf Monaten
vor wichtigen Entscheidungen drücken,
gefährden wir die großen Ziele für Netto-Null,
das regionale Wirtschaftswachstum und den Umweltschutz«
sagte der NIC-Vorsitzende Sir John Armitt dem »Guardian« .


Sehr geehrter Herr Ölmagnat,…

Die Demokraten im Repräsentantenhaus wiederum haben mittlerweile laut der »Washington Post«  eine Untersuchung zu Donald Trumps Treffen eingeleitet. Dem Bericht zufolge haben die Demokraten im House Oversight Committee neun Ölmanager in Briefen aufgefordert, detaillierte Informationen über die Teilnahme ihrer Unternehmen an dem Treffen zu liefern. Darunter Führungskräfte von Chevron und ExxonMobil.

Was die Anfragen bringen, ist fraglich. Den Demokraten fehlen Ermittlungsbefugnisse, da die Republikaner das Repräsentantenhaus kontrollieren, berichtet die »Washington Post«. Sollten die Ölgesellschaften Informationen verweigern, dürften die Demokraten die Firmen nicht vorladen.

Allerdings hat Senator Sheldon Whitehouse, ein entschiedener Befürworter des Klimaschutzes und Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Senats, ebenfalls Interesse an den Details bekundet. Und Whitehouse ist wohl befugt, Menschen vorzuladen. Trumps Äußerungen bei dem Abendessen seien »praktisch eine Einladung, Fragen zur politischen Korruption und Manipulation durch Big Oil zu stellen«, teile Whitehouse der »Washington Post« per E-Mail mit.

Klimawandel bedroht die Weltwirtschaft

Fakt ist: Klimaschutzmaßnahmen mögen die Profite von Ölfirmen akut bedrohen, der Klimawandel jedoch bedroht die Weltwirtschaft langfristig. Das haben in den vergangenen Jahren gleich mehrere Studien gezeigt.

Zuletzt warnten Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung: Die Weltwirtschaft droht bis Mitte des Jahrhunderts um rund ein Fünftel zu schrumpfen, es seien Schäden von 38 Billionen US-Dollar pro Jahr zu erwarten. Diese Schäden würden damit sechsmal höher ausfallen als die veranschlagten Kosten für Klimaschutzmaßnahmen.


Klimaschutz kostet,
kein Klimaschutz aber kostet noch viel mehr
 – daran lässt sich nichts manipulieren.

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