Dienstag, 2. April 2024

Gesellschaftsvertrag: Wo bleibt das Parlament der Dinge?

hier  Podcast im Deutschlandfunk anhören  Von Claus Leggewie | 31.03.2024

Claus Leggewie, Jahrgang 1950, ist Professor für Politikwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Mitherausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik. Von 2007 bis 2017 war

Dass etwas getan werden muss, um den Klimawandel zu stoppen, ist klar. Dass dies schnell geschehen muss, ist auch klar. Aber mit welchen Mitteln? Die demokratischen Hebel sind nicht gerade erfolgreich, wenn es von der Theorie ins Handeln gehen soll.

Demokratien stehen unter enormen Zeitstress, die Kipppunkte des Erdsystems scheren sich nicht um Legislaturperioden und Koalitionsverträge

Von Resolutionen auf internationalen Klimakonferenzen, über komplizierte parlamentarische Aushandlungen bis hin zum zivilen Ungehorsam der Klimakleber: So richtig scheinen unsere Instrumente, um den Klimawandel zu begrenzen, nicht zu wirken. Derweil wird fleißig weiter CO2 emittiert. Und alle Welt fragt sich, ob eine „Öko-Diktatur“, ein Klima-Leviathan noch abwendbar sein wird, um den Klimawandel einzudämmen.

Bruno Latour hatte einmal die Idee eines Parlaments der Dinge aufgeworfen (und nicht ausgeführt). Ein Gedankengebäude, in dem auch „non-“ oder „more-than-humans“ als Akteure mitwirken. Auch mitentscheiden? Wie sollte das gehen? Da brechen die meisten Überlegungen ab, weil es in einer parlamentarisch-repräsentativen Demokratie kaum denkbar ist, wie nicht menschliche Wesen oder zukünftige Wesen, wie die Generationen, die auf die letzte folgen werden, repräsentiert und damit inkludiert werden können. Aber mal radikal gedacht: Wie können dann die berechtigten Anliegen und Rechte der Natur anders als nur appellativ und symbolisch einbezogen werden?

Parlament der Dinge heißt der deutsche Titel eines Buchs des vor zwei Jahren verstorbenen Bruno Latour. Nicht allein der französische Wissenssoziologe fragte, ob und wie man nicht-menschliche – wie soll man sagen: Wesen oder Akteure, er nennt sie Aktanten – in demokratische Aushandlungsprozesse einbinden kann und ihnen damit – im übertragenen wie wörtlichen Sinne – eine Stimme gäbe. Das wäre ein auf die Natur erweiterter Gesellschaftsvertrag.....

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