Freitag, 23. April 2021

"Der böse Bauparagraf"

Bauparagraf 13b - der „Flächenfraß-​Paragraf“

ein Artikel in der Schwäbischen, hier für Abonennten

Hier sind Ausschnitte daraus wiedergegeben:

"..... Doch Baindt dient dem Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg gegenwärtig als Beispiel, wie es Orte gerade jüngst mit einer weiter um sich greifenden Bebauung übertreiben können. Stichwort Flächenfraß, das Verhunzen und Zubetonieren immer weiterer Landschaftsteile......

In diesem Fall geht es vor allem um den Paragrafen 13b des Baugesetzbuches. In der Naturschutzszene gilt er wahlweise als rotes Tuch oder Teufelszeug. Das Juristenwerk hat Kommunen nämlich ermöglicht, Bebauungspläne für kleinere Flächen am Ortsrand ohne formelle Umweltprüfung und ökologische Ausgleichsmaßnahmen auszuweisen. Betonieren muss also nicht durch neue Gebiete für Flora und Fauna abgebüßt werden. Zudem reduziert der Paragraf die Bürgerbeteiligung.

Bei vier seiner sechs Baugebiete hat Baindt laut Gemeindeinformationen auf 13b zurückgegriffen. „Es wäre aber auch ohne gegangen“, betont die parteilose Bürgermeisterin Simone Rürup. Jedoch ist der Paragraf kommod, eben weil das Planen und Ausweisen von Baugebieten vereinfacht wird. Beschleunigtes Verfahren nennt sich dies. Das war auch die Grundidee, als der Paragraf 2017 in Kraft trat. Eigentlich sollte er dazu dienen, kurzfristig ohne allzu großen bürokratischen Aufwand die Wohnungsnot zu bekämpfen. Sie war nach der verstärkten Flüchtlingszuwanderung ab 2015 nochmals gewachsen.

Ökoverbände glauben aber in der Zwischenzeit, dass 13b einer der Gründe ist, weshalb Baden-Württemberg seinen Flächenverbrauch trotz grün geführter Landesregierung nicht in den Griff bekommt. Immerhin wurden nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium in Stuttgart über 860 Bebauungsplanverfahren nach 13b eingeleitet. Dahinter verstecken sich 475 Städte und Gemeinden. Das sind wiederum 40 Prozent aller baden-württembergischen Kommunen.....

Dabei sollten im Land aber täglich höchstens noch drei Hektar versiegelt werden. So sieht es die Regierung vor. Tatsächlich sind es im Schnitt fünf Hektar Boden. Tendenz leicht steigend, wie die Statistik im vergangenen Jahr ergab. Weit über die Hälfte der Fläche dient dem Wohnungsbau. 2020 waren dies knapp 1200 Hektar. Mit weitem Abstand folgen Straßen und Gewerbegebiete.....

Dass Wohnraum fehlt, gilt längst als Binsenweisheit und wird quer durch die Politik anerkannt. Nur die Instrumente für sein Herbeischaffen sind umstritten. Die schwarz-rote Koalition in Berlin findet den Paragrafen 13b beispielsweise gut. Er stammt schließlich von ihr. Nur war 13b auf zwei Jahre befristet und ist Ende 2019 ausgelaufen. Aber gemach. Nach Willen der Regierung Merkel soll es einen Ersatz geben: das Baulandmobilisierungsgesetz. Nach einer ersten Lesung im Bundestag liegt es jetzt im Bauausschuss. Mit eingebunden in den Gesetzentwurf: eine Neuauflage des Paragrafen 13b bis Ende 2022......

... Ein weiterer Flächenfraß begünstigender Umstand gehört nämlich auch mit zur Diskussion: Gemäß der Statistik wohnte ein Deutscher 1991 im Schnitt auf 35 Quadratmetern. 2019 waren es schon 47 Quadratmeter. Der Platz muss ja irgendwo herkommen."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen