Montag, 22. März 2021

Kiesexporte aus Oberschwaben nach Vorarlberg und in die Schweiz

Berechnungen zu Treibstoff, CO² und Straßenschäden
von Alexander Knor März 2021


Seit Jahren wird der Kiesexport aus Oberschwaben, hauptsächlich aus dem Landkreis Ravensburg, in
die Nachbarregionen Österreich/Vorarlberg, Lichtenstein und die Schweiz kritisiert.
Hauptstreitpunkte sind dabei die in Deutschland nicht vorhandenen Schutz-/ bzw. Umweltgebühren
auf die Güter Kies und Sand, welche sowohl in der Schweiz als auch in Österreich vorhanden sind.
Zusätzliche strengere Auflagen beim Abbau, beispielsweise beim Trinkwasserschutz, führen dazu,
dass es sich für Kiesunternehmer aus den aufgeführten Ländern „rentiert“ bis zu einem Radius von
90 km einfacher Strecke diese Güter aus dem benachbarten Deutschland zu importieren.

Zwar haben diese Länder selber genügend Eigenreserven an diesen Rohstoffen, laut Schweizer
Verband der Kiesbetriebe nahezu unendlich, aber der zu niedrige Preis in Deutschland sorgt dafür,
dass sowohl Österreich als auch die Schweiz ihre Ressourcen schützen können und trotzdem
preiswert an diese Rohstoffe gelangen. 
Den Preis dafür zahlt hauptsächlich die Bevölkerung im Landkreis Ravensburg mit dem „Um- und Abbau“ ihrer Natur, der Gefährdung von Trinkwassergebieten, dem CO² Ausstoß und der enormen Belastung bzw. Schädigung von nicht dafür ausgelegten kleinen Kreis- und Landstraßen.

Großer Gewinner sind einige wenige Kiesunternehmer, welche hier für einen freien Warenverkehr im Dreiländereck werben. Welche Kosten hierbei einer breiten Bevölkerung zur Gewinnmaximierung
einiger weniger aufgelastet werden soll folgend belegt werden.
Basierend auf den Zahlen der Kiesstudie des Landes Vorarlberg (GEOMEHR GmbH) und
verschiedenen Recherchen ergibt sich folgendes Bild.

Kraftstoffverbrauch:

Basierend auf Internetrecherchen beläuft sich der Verbrauch eines 40-Tonnen-LKW`s bei einer
Leerfahrt auf 22l/100km und bei voller Beladung auf 36l/100km.
Unter Berücksichtigung des o.a. Radius von 90 km bei gleichzeitiger Beachtung der Hauptorte in
Vorarlberg und der Schweiz sowie der angefahrenen Kiesgruben im Landkreis Ravensburg ergibt sich
eine durchschnittliche einfache Strecke pro Kiesfahrt von rund 70 km.

Somit ergibt sich für eine durchschnittliche Kiesfahrt:
70km Leerfahrt = 15,4 l Diesel und 70 km Lastfahrt = 25,2 l Diesel, zusammen rund 40 l Diesel.
Einem 40t Kieslaster wird eine Nutzlast von rund 25t unterstellt.
Laut GEOMEHR-Bericht für das Jahr 2018 wurden 660000 t aus Deutschland nach Vorarlberg
exportiert.
Somit ergeben sich dafür 660000t geteilt durch 25t = 26400 Fahrten. Bei einem Verbrauch von 40l
ergibt dies die Summe von 1,05 Millionen Liter Diesel.
Für den Export in die Schweiz mit rund 350000t kommen noch einmal 14000 Fahrten und somit rund
560000 Liter Diesel dazu.

Somit ergibt sich für den Kiesexport im Jahre 2018 die Summe von 1.560.000 Liter Diesel.
Unter Berücksichtigung der Verringerung der eigenen Abbaumengen in Vorarlberg, welche nur durch
weitere Importe aus Deutschland ausgeglichen werden können, sagt der GEOMEHR-Bericht für das
Jahr 2020 (also aktuell), zusätzliche 400000 t was gleichbedeutend mit weiteren 16000 Fahrten und
somit wiederum 640.000 l Diesel gleichzusetzen ist, voraus.
Somit ist für das Jahr 2020 die Summe von 2.250.000 l Diesel anzusetzen.
Bei einem Blick in die Zukunft (nur weitere 3 Jahre) werden für das Jahr 2023 weitere 750.000 t
Verminderung des Eigenabbaus in Österreich prognostiziert, was noch einmal 30.000 Fahrten und
somit 1.200.000 l Diesel bedeuten würde.
Im Jahre 2023 ist dann mit einem Dieselverbrauch von unvorstellbaren 3.500.000 Litern zu rechnen, nur um die Kiesexporte zu realisieren. Nicht berücksichtigt ist eine annehmbare Steigerungsquote des Verbrauchs an Kies und Sand in der Schweiz, sowie die Tatsache, dass hauptsächlich Abbaugebiete im Walgau verloren gehen werden, welche die größte Streckenentfernung nach Deutschland aufweisen.

CO² Bilanz:

Basierend auf der Berechnung von Professor Ertel wobei ein Liter Diesel bei der Verbrennung 2,65 kg
CO² erzeugt, ergeben sich folgende Werte.
Für das Jahr 2018 bei 1,5 Millionen Liter Diesel = 3,975 Mill. kg bzw. 3975 Tonnen CO²
Für das Jahr 2020 bei 2,25 Millionen Liter Diesel = 5,962 Mill. kg bzw. 5962 Tonnen CO²
Für das Jahr 2023 bei 3,5 Millionen Liter Diesel = 9,275 Mill. kg bzw. 9275 Tonnen CO²

Belastung der Infrastruktur (Straßen)

Nach Berechnungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) belastet ein unbeladener Kieslaster
mit rund 15t Eigengewicht das Straßennetz etwa 8x so stark wie ein durchschnittlicher PKW mit 1,3
Tonnen Eigengewicht. Noch deutlicher wird die extreme Belastung für unser Straßennetz bei einem
beladenen 40t Kieslaster. Hier steigt der Belastungsfaktor auf den Wert des 15fachen.

Somit entspricht die Belastung/Beschädigung einer Fahrt von einem beladenen Kieslaster der Fahrt von 112.041 VW GolfVII bei 1,3 Tonnen Eigengewicht.

Wenn diese Zahlen beispielhaft auf das Jahr 2020 umgelegt werden so ergeben sich Belastungen für
unser Straßennetz durch die Kiesexportfahrten von:
56000 Fahrten unbeladener Kieslaster entsprechen rund 392 Millionen Fahrten von einem VW Golf
56000 Fahrten von einem beladenen Kieslaster mit 40t entsprechen rund 6,3 Milliarden Fahrten mit
einem VW Golf

Diese Zahlen des BAST beziehen sich auf Autobahnen und Bundesstraßen. Der Aufbau bzw. die
Grundbelastung von Land- und Kreisstraßen wie sie in der Region Oberschwaben überwiegend zum
Kiestransport in der Belastung sehen, sind eigentlich für solche Transporte nicht ausgelegt.

Fazit

Die Schäden/Belastungen welche durch Kiesexporte nach Österreich und in die Schweiz der
Bevölkerung auferlegt werden stehen in keinerlei Verhältnis zur angeblichen Notwendigkeit.
Weder die IHK in ihrer „Kiesstudie“ aus dem Jahre 2017 noch Verbände der Bau- und Kiesindustrie
veröffentlichen solche Zahlen. 

Der RVBO hat bei seiner Neuauflage des Regionalplans jedoch verschiedene Aspekte gegeneinander abzuwägen.
Dies ist jedoch im Entwurf des neuen Regionalplans nicht zu erkennen. Weder der enorme
Treibstoffverbrauch und somit die zusätzliche Belastung der Umwelt durch CO²und somit die
Gefährdung der Klimaziele noch eine Berücksichtigung der Kosten für die Instandhaltung der
Infrastruktur, in diesem Fall speziell der Straßen, wurde angedacht.

Ebenso ist eine Mengeneinschätzung von derzeit 9 Millionen Tonnen pro Jahr an oberflächennahen
Rohstoffen vom im neuen Regionalplan anzuzweifeln.
Die Berechnung der Mengen ist weder nachvollziehbar noch begründet. Sehr wohl wird zwar eine
Exportquote eingeräumt, die aber nach Aussage von IHK, Landesregierung und der Kieslobby nicht
nachvollziehbar ist. Somit wird diese zwar in die Mengenberechnung eingerechnet, mit welchem
Anteil ist aber nicht ersichtlich.

Laut mehrfacher Aussage von RVBO-Direktor Franke sind keine offiziellen Zahlen zum Export
vorhanden und weitere Zahlen zu diesem Thema sind ihm nicht bekannt.
Der GEOMEHR-Bericht wird dagegen als offizielle Grundlage der Landesregierung von Vorarlberg
eingesetzt. Dies hat Minister Rauch am 13.02.2020 noch einmal beim Gespräch mit Minister Lucha
bestätigt. In Übereinstimmung mit dem GEOMEHR-Bericht und der Aussage von Landeshauptmann
Wallner bewegt sich der Kiesexport in einem Radius von 90 km. Somit sind einzig die
Kiesabbaustellen im Bereich des RVBO für die Versorgung von Vorarlberg und der Schweiz möglich.
Daher gibt es sehr wohl offizielle Zahlen spätestens seit dem Jahre 2018. Außerdem weilte Herr
Franke bereits vor über 2 Jahren zu Gesprächen in Vorarlberg bezüglich der viel zu hohen
Exportzahlen. Auf welcher Grundlage solche Gespräche ohne belastende Zahlen stattfinden bleibt
wohl sein Geheimnis.

Da der RVBO einzig für die Versorgung der Region zuständig ist, hätten von den 9 Millionen Tonnen an Material pro Jahr die Zahlen des Exports abgezogen, bzw. gesondert ausgewiesen werden müssen.
Dadurch wurde sich die Menge so stark reduzieren, dass keine einzige Kiesgrube im
Altdorfer Wald weiter nötig wäre um den heimischen Bedarf komplett zu decken.
Ebenso widerlegt ist die Aussage der Kieslobby, dass durch die Einführung einer Umweltabgabe der
Straßenbau sich enorm verteuern würde. Unterhaltskosten für das schwer belastete Straßennetz
durch Kiesexporte stehen dabei in keinerlei Verhältnis zu der minimalen Kostensteigerung bei
Straßenneubauten bzw. Wohnungsbauten.
Mit der derzeit gelebten Praxis der Kiesexporte ins benachbarte Ausland bereichern sich einzelne
Kiesunternehmen auf Kosten der Allgemeinheit.

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