Focus hier Gastbeitrag von Josef Reitberger
EFahrer-Chefredakteur Reitberger empört sich über einen Gastbeitrag des FDP-Politikers Kruse bei FOCUS Online. Der Technik-Experte wirft Kruse Verkehrung der Wahrheit an. Auch Kruses Aussagen zum Betrieb von Heizungen mit reinem Wasserstoff hält er für Unsinn.
Nach der Lektüre des Beitrags „Wir können Ihre Heizung vor Habecks Wärmepumpen-Ideologie retten“ von Michael Kruse, dem energiepolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, bin ich ziemlich erstaunt. Dass ein Koalitionär den anderen über die Medien der Ideologie zeiht, anstatt Differenzen am Kabinettstisch auszutragen, ist schon ein bemerkenswerter Vorgang. Mit welchen Argumenten Kruse das macht, disqualifiziert ihn in meinen Augen aber vollständig als Energie-Experten.
Wärmepumpen liefern positiven Beitrag zur CO2-Bilanz
Kruse behauptet in seinem Beitrag, Wärmepumpenheizungen, die nicht mit Ökostrom betrieben werden, litten unter “Effizienzverlusten”. Er unterstellt, dass ihr Einsatz kontraproduktiv sei. Tatsächlich liefern die Anlagen unabhängig vom aktuellen Strommix einen deutlich positiven Beitrag zur CO2-Bilanz. Das zeigt eine einfache Rechnung: Die schlechtesten heute verbauten Wärmepumpen-Heizungen haben eine Jahres-Arbeitszahl von mindestens drei. Das bedeutet, dass aus einer Kilowattstunde (kWh) Strom drei kWh Wärme werden. Wenn ein Haus an einem Wintertag 100 kWh Heizenergie braucht, dann kann diese statt mit 100 kWh Gas (ca. neun Kubikmeter) von einer Wärmepumpe mit 33 kWh Strom erbracht werden.
Wenn außer dem Tausch der Heizung nichts passiert, dann muss dieser Strom aus dem Stromnetz kommen – bevorzugt natürlich aus Photovoltaik und Windkraft. Wir gehen aber wieder vom schlechtesten Fall aus: Der Strom kommt zu 100 Prozent aus einem konventionellen Kraftwerk. Weil durch den Tausch der Heizung Gas übrigbleibt, kann man reinen Gas-Strom als Worst Case annehmen. Ein modernes Gaskraftwerk macht aus den 100 kWh Gas 60 kWh Strom (60 Prozent Wirkungsgrad). Selbst nach Abzug von Leitungsverlusten bleiben damit über 23 kWh mehr Strom, als man zum Heizen des Hauses braucht.
FDP-Mann verkehrt die Wahrheit
Anders herum gerechnet reichen jetzt 59 kWh Gas, um das Haus zu beheizen, und mit jeder Windkraftanlage und jedem Photovoltaik-Modul, das mit am Stromnetz hängt und zur Versorgung der Wärmepumpenheizungen beiträgt, sinkt diese Zahl weiter.
Wenn Kruse also von „Effizienzverlusten“ beim Heizen mit Strom aus Kraftwerken schreibt, dann verkehrt er die Wahrheit. Die Wahrheit ist: Wärmepumpenheizungen bringen schon ohne jede flankierende Maßnahme einen deutlichen Effizienzgewinn.
Noch schlimmer sind freilich Kruses Aussagen über die Umrüstbarkeit von bestehenden Gas- oder gar Ölheizungen auf CO2-neutrale Energieträger. Es steht heute nicht genug Biogas zum Heizen und zum Verstromen zur Verfügung, und das wird sich auch nicht beliebig schnell ändern lassen. Das Thema Konkurrenz zwischen Tank und Teller will ich hier gar nicht weiter erörtern, obwohl auch das dringend nötig ist.
Aussage zu Wasserstoff ist grotesk falsch
Kruse stellt in seinem Beitrag die Umrüstung auf Wasserstoff als Brennstoff in Aussicht, die „mit geringen Anpassungen“ an den Heizanlagen möglich sei. Diese Aussage ist grotesk falsch. Für einen Betrieb mit reinem Wasserstoff müsste die komplette Leitungs-Infrastruktur ausgetauscht werden – nicht nur ihr eigener Gasbrenner müsste natürlich ausgetauscht werden (von wegen “wir retten Ihre Heizung”), sondern auch die komplette Leitungsinfrastruktur im Haus und vom Haus bis zum Wasserstoff-Erzeuger.
Wasserstoff lässt Stahlleitungen verspröden und entweicht aus jeder Schraubverbindung, aus jedem Hahn und sogar aus Schweißnähten, die für Erdgas gemacht sind. Man kann Wasserstoff zwar normalem Erdgas beimengen, das geht aber nur bis zu einem Anteil von 30 Prozent ohne Probleme. Die Wärmepumpe spart im Vergleich dazu einfach so 40 Prozent.
Ich habe für Beiträge wie den von Michael Kruse eigentlich einen einfachen Detektor entwickelt: Wenn in einem Text der Vorwurf der Ideologie erhoben wird, dann will ich ihn einfach nicht ernstnehmen. In dem Fall habe ich das trotzdem gemacht. Vielleicht sollte Kruse sich die physikalischen Zusammenhänge in Zukunft vom Koalitionspartner erklären lassen. Dann klappt es auch mit energiepolitischen Statements.
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