Donnerstag, 22. Juli 2021

"Was wir endlich über die Klimakrise begreifen müssen, um uns zu schützen"

Vice hier

Die Wissenschaft warnt seit Jahren davor, dass die globale Erwärmung unsere Lebensgrundlagen zerstört. Wir können es uns nicht mehr leisten, wegzuhören.

Auch das nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes überarbeitete deutsche Klimaschutzgesetz ist nicht mit dem 1,5-Grad-Limit vereinbar. Die kommende Bundesregierung ist die letzte, die Deutschland noch auf einen 1,5-Grad-Pfad bringen kann. Außer der AfD haben sich alle Parteien im Bundestag in den vergangenen Wochen vollmundig dazu bekannt. Aber nicht eine von ihnen hat bisher einen ausreichenden Plan dafür. 

CDU, SPD und FDP setzen in ihren vorläufigen Wahlprogrammen auf noch nicht in großem Maßstab einsatzfähige Zukunftstechnologien wie Wasserstoff und bleiben so unkonkret, dass es extrem fraglich ist, ob sie das Problem ansatzweise verstanden haben. Am nächsten dran sind die Grünen und die Linken. Es mag kritisiert werden, dass deren Vorstöße gesellschaftlich schwer umsetzbar erscheinen. Sie orientieren sich in vielen Punkten aber einfach an dem, was aus wissenschaftlicher Sicht notwendig ist. 

Ähnlich sieht es auf EU-Ebene aus: Die neuen Klimaziele der EU-Kommission, genannt "Fit For 55", sind historisch, keine Frage. Keine Kommission davor hat derartig weitreichende Pläne für den Klimaschutz vorgelegt – und es mag politisch nicht einfach gewesen sein, das überhaupt so durchzukriegen. Die Vorhaben wirken allerdings nur deswegen ambitioniert, weil bisher nichts ansatzweise ausreichendes geschehen ist. Laut Climate Action Tracker landen wir damit weiterhin bei 2 bis 3 Grad Erderhitzung.

Das Problem: Keine der angestrebten Maßnahmen wird morgen umgesetzt. Und die jetzt schon unzureichenden Vorstöße werden in den Mühlen der EU-Politik in den kommenden zwei Jahren weiter zermahlen und ausgefasert. Selbst an und für sich sinnvolle Maßnahmen (Kerosinsteuer, Emissionshandel für Industrie) greifen erst nach 2030 voll. Dabei hatte das EU-Parlament einen wirklich guten Plan vorgelegt. Der hätte zwar noch immer nicht für 1,5 Grad gereicht, wäre aber sehr viel näher dran gewesen. Und jedes Zehntel Grad zählt, um möglichst viel Schaden abzuwenden. 

Nicht mal auf ein Ende der fossilen Subventionen konnte sich die Kommission verständigen. Laut einer Recherche von Investigate Europe befeuern die EU-Regierungen (inklusive Norwegen, Schweiz und Großbritannien) die Klimakrise jedes Jahr mit Steuergeldern in Höhe von 137 Milliarden Euro. Allen voran Deutschland, das fossile Brennstoffe jährlich mit 37 Milliarden Euro fördert.  

Und bevor jetzt wieder jemand sagt, allein könnten Deutschland und die EU das Klima nicht retten: natürlich nicht. Das entlässt sie allerdings nicht aus der Verantwortung, ihren Anteil zu leisten. Zudem haben sie eine Vorbildfunktion: Die EU ist der größte Binnenmarkt, Deutschland der größte Verschmutzer der EU. Wenn beide endlich angemessen aktiv werden, könnte das international ähnlich stark ausstrahlen wie die Initiativen der USA seit dem Amtsantritt von Joe Biden. 

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