Samstag, 31. Juli 2021

"Prima Klima – aber wie?"

Klimaschutz ist ein, wenn nicht sogar das Top-Thema des Wahlkampfs 2021. Diesmal schauen wir uns an, wie sich die CDU in dieser wichtigen Frage positioniert.
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Im Wahljahr wollen die Bürger wissen, woran sie sind. Deshalb suchen wir uns die wichtigsten Aussagen der Parteien heraus und legen sie auf die Goldwaage: Wie realistisch ist das Programm, was bedeutet es für die Menschen? Darüber diskutieren wir mit Machern, Kritikern und Experten. Das Ergebnis können sie jeden Samstag bei uns im Aufwacher-Podcast als Spezialfolge hören und als Zusammenfassung in der Zeitung sowie online nachlesen.

Die These Wenn wir die Welt erhalten wollen, wie wir sie kennen und lieben, dann müssen wir unser Leben ändern. Und zwar alle. Wie sich das mit Wachstum und Wohlstand verträgt, bleibt die große Frage. Die Christdemokraten wollen die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2030 um 65 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 reduzieren. Bis 2040 soll der Wert bei 88 Prozent Minderung liegen, im Jahr 2045 schließlich Treibhausgas-Neutralität erreicht werden. Diese Ziele hatte die aktuelle Bundesregierung bereits im verschärften Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschrieben. Die Verschärfung wurde durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nötig. Die CDU hat die verschärften Ziele nun im Wahlprogramm übernommen. Während den Kritikern das nicht ambitioniert genug erscheint, warnen die Befürworter vor den Folgen einer Überforderung von Wirtschaft und Gesellschaft.

Der Plan Schnellere Genehmigungsverfahren für Photovoltaik-Anlagen, die zügige Ausstattung aller öffentlichen Gebäude mit dieser Solartechnik und den weiteren Ausbau der Windenergie sind für Marie-Luise Dött das Gebot der Stunde. Einen festen Zeitplan für die Umsetzung dieser Maßnahmen will die Bundestagsabgeordnete aus Oberhausen und umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion aber nicht nennen. „Drastisch“ müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien allerdings schon ausfallen. Die 68-Jährige betont etwa die Modernisierung bestehender Windkraftanlagen. Der Neubau von Anlagen in der Nähe von Wohngebieten stoße allerdings auch auf den Widerstand von Bürgern, unterstreicht Dött. Sie ist überzeugt, dass sich Treibhausgas-Neutralität in knapp zweieinhalb Jahrzehnten durch die weitere Verteuerung des Co2-Ausstoßes sowie durch den Emissionshandel erreichen lässt, zumal auch die EU inzwischen ein solches Vorgehen unterstütze. Das Geld, das der Staat damit einnimmt, werde den Verbrauchern an anderer Stelle als Entlastung zurückgegeben, um soziale Benachteiligungen abzufedern - zum Beispiel über die Abschaffung der EEG-Umlage. Um die Städte und Dörfer besser für den Klimawandel zu wappnen, will die Christdemokratin Betroffene, Planer und Helfer rasch an einem Runden Tisch zusammenbringen, damit Schutzmaßnahmen besser koordiniert werden können.

Die Gegenrede „Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit“, sagt Britta Haßelmann aus Bielefeld. Der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag erscheinen Ziele in weiter zeitlicher Ferne deshalb widersinnig. Schon 2035 müsse der Anteil der erneuerbaren Energien bei 100 Prozent liegen und der Ausstieg aus der Kohlekraft schon bis 2030 erfolgen. Rückblickend wirft die 59-Jährige der Union vor, zentrale Fragen des Klimaschutzes immer wieder blockiert zu haben. Konkreter als die jetzigen Regierungsparteien forderten die Grünen die Errichtung von 1,5 Millionen neuen Solardächern in den kommenden vier Jahren. Auch beim Ausbau der Windkraftanlagen machen die Grünen mehr Druck: Zwei Prozent der Fläche Deutschlands müsse dafür zur Verfügung stehen. Eine Regelung von Mindestabständen wie etwa in NRW lehnten die Grünen deshalb ab, betont Haßelmann. „So würgen wir Windenergie ab.“ Die Grünen schlagen ferner ein „Energiegeld“ für alle Bürger vor, um den Klimaschutz sozial gerecht zu gestalten. Massive Investitionen in die städtische Infrastruktur hält Haßelmann als Klimavorsorge für unumgänglich.

Die Einordnung Welche Priorität der Klimaschutz für die Parteien spielt, lässt sich für Jana Wolf schon aus der Platzierung im jeweiligen Wahlprogramm ablesen. „Bei den Grünen findet sich das Thema in Kapitel eins, bei der CDU in Kapitel drei“, befindet die Politikredakteurin der Rheinischen Post. Seit der Flutkatastrophe arbeite Kanzlerkandidat Armin Laschet zwar heftig nach, die Grünen aber blieben in ihren Aussagen konkreter. Auch stehe die Ökopartei mit ihrer Kritik an der zu zögerlichen Energiewende nicht allein – viele Wissenschaftler seien ebenfalls der Meinung, es habe sich unter den zuletzt amtierenden Bundesregierungen zu wenig getan. Angesichts der Hürden, die die CDU etwa beim Ausbau der Windenergie errichtet, kann Jana Wolf den Optimismus von Marie-Luise Dött nicht teilen, die gesetzten Ziele würden auf jeden Fall erreicht. Da seien die Grünen konzeptionell nicht nur deutlich zupackender, sondern auch besser in der Kommunikation: Es lohne sich durchaus, den Bürgern mit großem Nachdruck klarzumachen, dass es um die Erhaltung einer lebenswerten Welt gehe.

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