Wie eine Satire wirken dagegen die Pläne der FDP (weiter unten), die direkt aus den 60er Jahren ins heute katapultiert zu sein scheinen. Da soll noch einer behaupten, die hätten keine Ideen......Sobald es um das Dagegensein geht, klappt`s immer wunderbar.
links: ein Bild aus der "kleinen" Stadt Saulgau mit ambitionierten Grün-Plänen
Süddeutsche Zeitung hier 2. Mai 2023, Von Ulrike Steinbacher
Neuverteilung des Stadtraums in München: Weniger Grau und mehr Grün ist das Ziel des Freiraumkonzepts, das die Stadtverwaltung entworfen hat.
Eine richtig autogerechte Stadt ist München nie geworden. Weder fiel der Viktualienmarkt einem Ausbau des Altstadtrings zum Opfer noch beginnt die Lindauer Autobahn heutzutage am Sendlinger Tor. Aber so manche Sünde der Sechzigerjahre, als das Auto im Städtebau das Maß aller Dinge war, ist in der Innenstadt durchaus noch zu besichtigen.....
Die Stadtplanung von heute setzt ganz andere Schwerpunkte, nicht nur beim Thema Mobilität. Ihr geht es zum Beispiel um weniger Emissionen und mehr Lebensqualität, weniger Versiegelung und mehr Umweltschutz, weniger Grau und mehr Grün. Also ist das Auto im Freiraumquartierskonzept für die Innenstadt, das das städtische Planungsreferat und das Landschaftsarchitekturbüro Mahl-Gebhard-Konzepte entwickelt haben, ein Auslaufmodell.
Straßen, Plätze und Grünflächen sollen vielmehr an die Bedürfnisse von Fußgängern, Radfahrern und Erholungssuchenden und an die Erfordernisse des Klimawandels angepasst werden. Das gut hundertseitige Papier steht für Mittwoch, 3. Mai, auf der Tagesordnung des Planungsausschusses.Die Grundprämisse nennt Stadtbaurätin Elisabeth Merk im Vorwort: Mit der Mobilitätswende biete sich die Chance, "die bisherige Aufteilung der Platz- und Straßenflächen neu zu denken", also dem Auto Platz wegzunehmen, sowohl zum Fahren als auch zum Parken, und ihn anders zu verwenden, möglichst für mehrere Zwecke gleichzeitig - "Multicodierung" nennt Merk das. Gedacht ist das Freiraumkonzept, das letztlich einen Paradigmenwechsel formuliert, erst einmal als Diskussionsgrundlage. Manche Empfehlungen betreffen einzelne Ecken, andere ganze Straßenzüge. ...
Plätze - Orte zum Erholen
Den Plätzen der Innenstadt kommt in dem Konzept eine tragende Rolle zu. Dort sollen die Menschen sich aufhalten, im Schatten sitzen, ein Buch lesen, sich vom Bummeln ausruhen können. ... "Überdimensionierte Verkehrsflächen" in "isolierter Lage", überdies "vollständig versiegelt", diagnostiziert das Freiraumkonzept. Die Therapie: den Autos Fahrspuren wegnehmen ....
Straßen - Mehr Raum zum Flanieren
Prachtstraßen wie Ludwigs-, Prinzregenten- oder Maximilianstraße mit ihren imposanten Bauten und den Sichtachsen in Richtung berühmter Sehenswürdigkeiten wie Siegestor, Friedensengel und Maxmonument wurden einst "als Begegnungsräume städtischen Lebens angelegt", heißt es im Freiraumkonzept. Wo heute der Verkehr oft mehr steht als fließt, ging man früher flanieren, schaute sich Paraden an, besuchte Veranstaltungen. Diese Funktionen wollen die Stadtplaner wieder herausarbeiten - Stichwort Boulevard -, und das mit viel Grün und Priorität für Menschen, die ohne Auto unterwegs sind.
Zum Straßenkonzept gehört mehr Platz für Fußgänger, also sollen Fußgängerzonen ausgeweitet und neue geschaffen werden.....
Grünflächen - Aufwertung reizloser Areale
In der zugebauten Innenstadt neue Grünflächen anzulegen, ist schwierig. Andererseits sind sie angesichts des Klimawandels mit immer heftigeren Regenfällen für Wasserrückhalt und Versickerung unverzichtbar. Und wer im Sommer schon einmal einen Blick auf die Wiesen an der Alten Pinakothek geworfen hat, der weiß außerdem: Grünflächen sind Orte der Begegnung und Teil der Stadtkultur. Das Freiraumkonzept strebt ein "Netz aus grüner Infrastruktur" an, für das auch reizlose Areale wie die Freifläche an der Pinakothek der Moderne aufgewertet und Pflasterwüsten wie der Parkplatz hinter dem Haus der Kunst oder auch der Marstallplatz entsiegelt und begrünt werden sollen.
Grüne Oasen - Baum plus Bank
Meist sind sie vom Verkehr umflossen und für Fußgänger uninteressant: kleine grüne Inseln im Straßenbild, deren Bäume nur den darunter geparkten Autos Schatten spenden. Das soll sich ändern. Das Freiraumkonzept begreift solche "Mikroplätze" als Naherholungsorte für die Nachbarschaft und Rastmöglichkeit für ältere oder beeinträchtigte Menschen. Außerdem seien sie "Trittsteine", die größere Erholungsflächen vernetzen. Die grünen Oasen sollen auf Kosten der Straßenflächen aus ihrer Insellage geholt und auf einer Seite an die Bebauung angeschlossen werden. "Baum plus Bank" sehen die Stadtplaner als Minimalausstattung, der Verzicht auf Parkplätze soll die Aufenthaltsqualität verbessern.
NTV 07.05.2023
Brötchentaste und Kurzparken: FDP will Innenstädte autofreundlicher machen
In der Gestaltung von Innenstädten spielen Autos seit einigen Jahren eine immer kleinere Rolle. Die FDP will dies nun ändern - laut einem Beschlussentwurf planen die Liberalen, wieder mehr Menschen mit ihren eigenen PKW in die Zentren zu locken. Dafür soll vor allem das Parken leichter werden.
Die FDP will die Innenstädte wieder mehr für Autofahrer öffnen. Das berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf eine Beschlussvorlage, über die das FDP-Präsidium abstimmen soll. Demnach sei eine "autofeindliche, ideologische Verkehrspolitik" schädlich und klimapolitisch kontraproduktiv, heißt es in dem Entwurf.
Städte und Gemeinden sollen daher kostenloses Kurzparken ermöglichen. In dem Papier wird vorgeschlagen, die "Brötchentaste" auf Park-Automaten einzuführen, damit Autofahrer kurze Einkäufe wie etwa beim Bäcker tätigen können. In Bremen gab es diese Taste bereits, sie wurde jedoch im April von der Verkehrssenatorin Maike Schaefer wieder abgeschafft. "Angesichts der Klimakrise ist es nicht mehr zu verantworten, Autofahrten für Kleinsteinkäufe durch kostenloses Parken zu begünstigen", sagte die Grünen-Politikerin zu ihrer Entscheidung.
Die Liberalen sehen die Vorteile von flexibleren Parkregeln hingegen in der Entlastung für Ordnungsämter und Polizei bei Bagatellverstößen. Zudem mache es die Innenstädte wieder attraktiver und biete mehr soziale Teilhabe. Aus diesem Grund soll auch das Kurzparken im eingeschränkten Halteverbot zudem künftig bis zu fünf Minuten statt bisher drei Minuten möglich sein.
Darüber hinaus soll es für den Einzelhandel mehr Möglichkeiten für Sonntagsöffnungen geben. "Damit das Geschäft nicht dem Onlinehandel überlassen wird, sollte geprüft werden, welche Anpassungen notwendig sind, um mehr Sonntagsöffnungen und damit mehr Einkaufserlebnisse auch am Sonntag zu ermöglichen", zitierte die "Bild" aus dem Entwurf. Geschäfte sollten aber auch weiterhin selbst entscheiden, ob sie am Sonntag öffnen wollten.
Außerdem will die FDP-Spitze die umstrittene Bonpflicht erneut prüfen und gegebenenfalls wieder abschaffen. Händler und Restaurantbesitzer müssen seit Anfang 2020 jedem Kunden einen Kassenzettel aushändigen. Zugleich müssen elektronische Registrierkassen fälschungssicher gemacht werden. Das entsprechende Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen hatte der Bundestag bereits 2016 beschlossen. Die Unternehmer-Lobby hatte schon damals erfolglos versucht, die Bonpflicht zu verhindern. Der Entwurf soll demnach am Montag vom FDP-Präsidium verabschiedet werden.
Quelle: ntv.de, spl/AFP
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