Mittwoch, 18. November 2020

Kultur leben (zur Raum- und Regionalplanung) - Von Wolfram Frommlet

Ein  Kommentar  im Zusammenhang  mit dem Flyer der Naturschutzverbände erschien in der Schwäbischen Zeitung am 16.11.20:

Kultur leben Von Wolfram Frommlet

„Für mich besteht eine große Herausforderung darin, wie unsere Höfe weiterbestehen können. Wir brauchen mehr Produktvielfalt in der Landwirtschaft und mehr Regionalität bei unseren Lebensmitteln“, sagt Walter Rauch aus Dünserberg. 

Eugen Gabriel aus Frastanz ergänzt: „Wo die Landwirtschaft die Existenzgrundlage ist, hat man verstanden, sorg-sam mit den landwirtschaftlichen Flächen umzugehen und die Erwei-terung der Siedlungen kompakt zu gestalten.

„Wie schaffen wir ein funktionierendes Dorfzentrum als Grundlage für das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde“, ist für Helmut Lampert in Göfis eine große Herausforderung.

Drei Bürgermeister aus der Region Walgau in Vorarlberg in dem hoffnungsvollen, ermutigenden Buch des Ravensburger Raumplaners Manfred Walser, „Die Zukunft im Walgau“, herausgegeben von der Vorarlberger Landesregierung (erhältlich in der Buchhandlung Anna Rahm in Ravensburg). 

Die 14 Gemeinden haben in Workshops, an denen die Bevölkerung beteiligt wurde, ein Modell regionaler Entwicklung erarbeitet, in dem die  Traditionen - Handwerk, Land- und Forstwirtschaft - mit den aktuellen Problemen ländlicher und semi-urbaner Räume verbunden wurden: der Wegzug der Jungen, die Zersiedelung der Natur, Klimawandel, die Krise der familiären Höfe. Lebenswerte Orte für alle Generationen entstanden, eine Kultur des Miteinander der Eingesessenen und der Zugezogenen, ein ökologischer Lebensstil, insbesondere in neuen, verdichteten Wohnformen. Einst konkurrierende Gemeinden bilden heute nachhaltige Netzwerke. Man könnte viel davon lernen.

Nach Ansicht eines breiten Bündnisses unter Führung der Umweltorganisationen BUND und NABU läuft der Regionalplan Bodensee-Oberschwaben bis zum Jahr 2035, mit den Kreisen Ravensburg, Bodenseekreis und Sigmaringen, leider in eine ganz andere Richtung. „Profit und Wachstum ohne Grenzen scheint für viele Akteure immer noch die oberste Prämisse zu sein“, heißt es in einem Flyer des Umweltbündnisses. Kritisiert wird, dass 500 Hektar für Rohstoffabbau vorgesehen sind, neuer Baugrund sich an überholten Wohnmodellen orientiert, ein regionaler Grünzug „Altdorfer Wald“ aber nicht vorkomme. „Ein klares ‚weiter so wie bisher‘, welches alle wissenschaftlichen Erkenntnisse der vergangenen Jahre und anwachsenden globalen Krisen ignoriert.“

Nachhaltige Landwirtschaft, Stärkung der Biodiversität, das Vogelsterben im Bodenseeraum sind für BUND und NABU Prioritäten eines zukunftsfähigen Regionalplans. Anders als im Walgau hat in dieser Region, in den Gemeinden wie in den Städten, nach Ansicht aller Akteure, die Bevölkerung bislang keine Foren der Beteiligung. 

Und fände man bei uns Politiker wie Harald Witwer aus der Gemeinde Thüringen? „Die Frage des Umgangs mit asylsuchenden Menschen stellt im Moment nicht nur für den Walgau, sondern für die Gesellschaft insgesamt eine riesengroße Herausforderung dar. Ob es uns gelingt, den sozialen Frieden in der Region weiterhin zu gewährleisten, hängt wesentlich vom Umgang mit diesem Thema ab.“

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