Montag, 6. Mai 2024

Agroforstwirtschaft als Mittel gegen den Klimawandel

ZDF hier  04.05.2024 Das Gespräch führte Peter Scholl.

Agroforstwirtschaft im Fokus: Ideen gegen Klimawandel für Landwirte gefragt

Bild links: Agroforst in Frankreich

Europa ist laut Europäischer Umweltagentur (EEA) der Kontinent, der sich durch den Klimawandel am schnellsten erwärmt. Es drohen Dürren und Ernteausfälle. Neue Ideen sind gefragt.

Video im Original hier Bäume auf dem Acker, Wasserrinnen auf dem Feld – mit neuen Formen der Landnutzung reagieren Landwirtinnen und Landwirte auf den Klimawandel.
09.05.2024 | 29:45 min
 
Eine Lösung, um Böden an die neuen Klimabedingungen in Europa anzupassen und die Ernten wieder sicher zu machen: Agroforstwirtschaft.
Agrarwissenschaftler Janos Wack erklärt, warum Agroforst so viel Zukunftspotential hat.

ZDFheute: Warum braucht es ein Umdenken in der Landwirtschaft?

Janos Wack: Weil wir vor riesigen Herausforderungen stehen, die durch den Klimawandel noch verstärkt werden. Und wir deswegen einen riesigen Handlungsbedarf haben hinsichtlich Bodenschutz, Biodiversität, aber auch Klimaschutz und Tierwohl.

Janos Wack …
… ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kassel sowie Referent für Bildung, Netzwerk und Entwicklung im Verein für Regenerative und Soziale Landwirtschaft. Er ist Spezialist für die Integration von Gehölzen auf Äckern. Um Landwirtinnen und Landwirten auf diesem Gebiet zu beraten, hat er mit zwei Partnern die Planungsagentur "Triebwerk" gegründet.

Video im Original hier: Hunderttausende Bäume vertrocknen, gehen in Flammen auf oder fallen Borkenkäfern, Pilzen, Bakterien und Viren zum Opfer. Dabei ist gerade der intakte Wald einer der wichtigsten Gegenspieler des Klimawandels.
15.09.2019 | 28:28 min 
 
ZDFheute: Was sind die Vorteile der Agroforstwirtschaft?

Wack: Die Agroforstwirtschaft ist eigentlich erst mal ein integrativer Ansatz, der konventionelle Landwirtschaft wie Ökolandbau mitnimmt. Wir haben eine Klimawandelanpassung auf unseren landwirtschaftlichen Flächen und gleichzeitig können wir einen gigantischen Hebel beim Klimaschutz ansetzen, weil wir riesige Mengen an Kohlenstoff binden können.
Und das ist auch mittlerweile vom Umweltbundesamt bestätigt, dass das eine der Maßnahmen in der Landwirtschaft ist, die mit riesigem Abstand das höchste Klimaschutzpotenzial hat. Im Schnitt rechnen wir mit 10,4 Tonnen Kohlenstoff oder CO2-Äquivalenten pro Hektar. Und das ist mehr als der Faktor zehn im Vergleich zu unproduktiven Flächen. Und dabei sind wir landwirtschaftlich weiterhin produktiv. Das ist eine Win-Win-Situation.

Was ist Agroforstwirtschaft

Video im Original hier Holz gilt als Rohstoff der Zukunft. Doch die Bestände in den Wäldern sind begrenzt. Wie lässt sich ein Gleichgewicht finden zwischen wirtschaftlichem Interesse und Klimaschutz?
07.01.2024 | 28:31 min

ZDFheute: Gibt es auch Nachteile?

Wack: Es erfordert sehr, sehr viel Umdenken. Ich habe einen Kapitalbedarf, ich habe einen höheren Wissensbedarf, ich habe einen Arbeitszeitbedarf und das alles on top im laufenden landwirtschaftlichen Betrieb.

Video im Original hier Adam Krupp ist Biobauer im saarländischen Perl. Er hat bei der Umstellung auf Bio seine Produktion halbiert und bereut es nicht. Er sagt, es brauche ein Umdenken, um ökologische Landwirtschaft großflächig zu etablieren.
30.03.2024 | 3:43 min

ZDFheute: Reicht es schon, einfach Bäume auf dem Acker zu pflanzen?

Wack: Ja, wenn es so einfach wäre, würde ich sagen, dann ginge es schneller. Ich denke, da ist planerisch einfach sehr, sehr viel Vorarbeit nötig. Ich muss den Standort kennen, ich muss den Betrieb kennen, ich muss die ganzen Gehölze kennen und mit ihren ganzen Vor- und Nachteilen kombinieren. Muss mir das wirtschaftlich überlegen, muss den Investitionsbedarf kennen, um dann auch zu schauen, was ist denn für den Betrieb im Budget drin und wo muss ich Abschläge machen. Und dann sollte ich mir das Ganze rechtlich auch noch angucken, was ist erlaubt und was nicht.

ZDFheute: Wie weit verbreitet ist die Agroforstwirtschaft?
Wack: Absolut eine Nische aktuell. Aber eine Nische mit einer gigantischen Entwicklung. Die Bundesregierung hat ein Ziel formuliert von 65.000 Hektar Gehölzfläche in Agroforstsystemen in Deutschland bis 2027. Momentan sind wir so schätzungsweise bei 1.000 bis 1.200 Hektar Gesamtsystemfläche. Das heißt, es ist absolut überschaubar.

Video im Original hier: Die reichsten Bauern in Deutschland sind gar keine Bauern, sondern riesige Agrar-Holdings. Wer profitiert wirklich von den Subventionen? Warum kommt bei Kleinbauern so wenig an?
20.02.2024 | 24:45 min

ZDFheute: Kann denn überhaupt so viel gepflanzt werden in dieser kurzen Zeit?
Wack: Wir sind dran. Aber ich halte das Ziel für zu hoch gegriffen und dafür die Förderung für viel zu niedrig. Aber man könnte das Ziel ja noch etwas runterschrauben und die Förderung weiter hochschrauben. Das wäre ein großer Schritt aus der Nische heraus.

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