Der Redebeitrag von Manfred Walser anlässlich des KlimaCamps in Ravensburg
Raumplanung tut dies mit der Fläche. Sie zeigt, wo in Zukunft welche Nutzung stattfinden soll. Die Vorstellung von der wünschenswerten Zukunft ist hier der Regionalplan. Er soll bis 2035 gelten, das ist der festgelegte Zeithorizont.
Thematischer Schwenk: Deutschland will bis 2030 den Klimaschutz vorantreiben und hat im Pariser Abkommen eine Einsparung von 55 Prozent CO2 verbindlich zugesagt. Das Ziel wurde beim EU-Gipfel im Dezember noch einmal bestätigt.
Zum Vergleich (und hier zitiere ich die Schwäbische Zeitung vom 12. Dez.): „In den letzten 30 Jahren hat die EU 25% CO2 eingespart. Ein nicht unwesentlicher Teil geht auf den wirtschaftlichen Zusammenbruch der Länder des Ostblocks zurück.“
Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen: 25% Einsparung in den letzten 30 Jahren und nun sind noch einmal 30% Einsparung in zehn Jahren gefordert. Das ist wahrlich ambitioniert!
Zurück zum Regionalplan: Was hat Klimaschutz mit dem Regionalplan zu tun?
1. Er plant die Siedlungsstruktur. Die kann z.B. die Kfz-Fahrleistung minimieren. Sie kann aufgrund ihrer Dichte den Energieverbrauch senken. Die Siedlungsstruktur kann einen möglichst geringen Aufwand für Infrastruktur pro Gebäude bzw. Bewohner erzeugen. Wenn möglichst dicht gebaut wird.
2. Raumplanung kann die Senken für klimawirksame Gase schützen. Senken sind die Flächen, die CO2 binden können – im Humus, in Moorböden, in Holz usw. Sie sind sehr wichtig, damit wir unsere Klimaschutzziele erreichen können. Allein die Flächen, die der neue Regionalplan bebauen will, speichern zur Zeit bei vorsichtiger Schätzung eine knappe halbe Million t CO2. Und dabei sind die Flächen für den Straßenbau noch gar nicht mitgerechnet. Wenn diese Flächen bebaut werden, müssen wir das freigesetzte CO2 zusätzlich noch einsparen.
3. 3. Und drittens legt die Raumplanung die Flächen fest, die für erneuerbare Energien genutzt werden können: Windräder, Photovoltaik, Wasserkraft und Energie aus Biomasse.
Nun wieder zu unserem Regionalplan: Er stützt sich zuerst einmal auf Prognosen. Die sollen ihm sagen, wie sich die Region in Zukunft wohl entwickelt. Und genau da beginnen die Probleme. Auch hier muss ich noch einmal ganz kurz theoretisch werden: Es gibt einen großen Unterschied zwischen einer Bevölkerungsvorausrechnung und einer Bevölkerungsprognose.
Die Bevölkerungsvorausberechnung des StaLa kommt für die Region auf ein für die drei Landkreise ein Wachstum von knapp 3% (das sind ca. + 17.000 EW). Sie rechnet nur mit den demographischen Fakten: Geburten und Sterbefälle aufgrund der Alterszusammensetzung, Zu- und Abwanderung im Mittel der vergangenen Jahre.
Der Regionalplan kommt in seiner Bevölkerungsprognose auf ein Wachstum von gut 10 % (ca. + 65.000 EW). Er begründet die Prognose mit den sozio-ökonomischen Zahlen und Fakten der letzten Jahre: Wohnungsmarkt, Pendlerzahlen, wirtschaftliche Entwicklung usw. Das ist nicht falsch. Aber es ist etwas völlig anderes.
Wenn die Prognose nun sagt, wir wachsen so weiter wie in den letzten, starken Jahren, dann kommt sie zu einem Ergebnis wie im Regionalplanentwurf dargestellt. Zu einem anderen Ergebnis käme sie, wenn sie z.B. sagen würde, aufgrund der COVID19-Pandemie wird das Wachstum deutlich gedämpfter ausfallen als in den vergangenen, starken Jahren. Oder wegen der Notwendigkeit, die internationalen Klimaschutz-Vereinbarungen zu erfüllen.
Und genau das ist das Problem. Der Regionalplan zeigt einen unbedingten Willen zum Wachstum.
Und wenn er umgesetzt wird, d.h. wenn die Flächen tatsächlich zur Bebauung freigegeben werden, dann wird er vermutlich sogar zu einer "self fulfilling prophecy": Wir weisen viele Flächen zur Bebauung aus und locke damit Menschen und Unternehmen an, die die Flächen dann tatsächlich nutzen.
Was zeigt uns das? Es zeigt, dass in den Köpfen der Mehrheit unserer Bürgermeister, Landräte und Lokalpolitiker das wirtschaftliche Wachstum immer noch das zentrale Leitbild ist. Und dass sie im Moment beim Klimaschutz über Lippenbekenntnisse nicht wesentlich hinauskommen.
Und genau deswegen klettern junge Menschen auf Bäume – und das ist auch gut so!
Sehr kurz und klar auf den Punkt gebracht.
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