Süddeutsche Zeitung hier 29. August 2023 Kommentar von Caspar Busse
Die Ampelkoalition ringt darum, wie ihre umweltpolitischen Maßnahmen finanziert werden sollen. Dabei wäre es ganz leicht: Es gibt viele Hilfen, die jetzt abgeschafft werden müssen - auch gegen Widerstände.
In einem zumindest sind sich die Akteure der Ampelkoalition einig: Der Klimawandel muss aufgehalten werden. Und es eilt. Denn Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Doch dann beginnt schon der Streit. Was genau ist sinnvoll, um den Klimaschutz zu verbessern? Was muss Deutschland für das Gelingen der Energie- und Klimawende tun? Und vor allem: Wie soll das alles finanziert werden? All das diskutieren die Politikerinnen und Politiker von SPD, FDP und den Grünen auch auf ihrer Kabinettsklausur im brandenburgischen Meseberg.
Dabei wäre es ganz leicht, zu ersten Erfolgen zu kommen: Die Bundesregierung müsste erst mal klimaschädliche Staatshilfen konsequent streichen oder zumindest reduzieren und auslaufen lassen. Das würde nichts direkt kosten, sondern könnte - im Gegenteil - erhebliche Einsparungen für den Bundeshaushalt von Finanzminister Christian Lindner bringen. Die Mühe wäre es durchaus wert. Doch warum wird darüber so wenig diskutiert? Und wie können die Widerstände überwunden werden?
Nach Berechnungen des Umweltbundesamts addieren sich klimaschädliche Subventionen in Deutschland auf immerhin 65 Milliarden Euro. Im Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien sogar ausdrücklich festgehalten: "Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen." Klingt gut, aber wie so oft liegt der Teufel im Detail. Eine Bertelsmann-Studie kommt jetzt zu dem Ergebnis, dass es "innerhalb der Ampelkoalition auch nach zwei Jahren noch kein gemeinsames Verständnis" der Einzelheiten gebe. So wird diskutiert, was überflüssig und unwirksam genau heißen soll und was überhaupt unter den Begriff "Subvention" fällt.
Das Dienstwagenprivileg kostet so viel wie die neue Kindergrundsicherung
Dabei ist die Lage eigentlich ziemlich klar. Es gibt eine ganze Reihe von Hilfen und Steuererleichterungen, die beispielsweise den Einsatz fossiler Energieträger begünstigen und damit das ausgegebene Ziel des Klimaschutzes torpedieren. Drei prägnante Beispiele.
Erstens, das Dienstwagenprivileg: Die jährlichen Kosten für den Steuerzahler werden auf etwa drei Milliarden Euro taxiert (also mehr als die 2,4 Milliarden Euro, die nun für die Kindergrundsicherung ausgegeben werden sollen). Nach Erkenntnissen des Umweltbundesamts bekommen immerhin etwa fünf Prozent der Beschäftigten in Deutschland vom Arbeitgeber ein Auto gestellt und zahlen dann weniger Einkommensteuer als Kollegen ohne Dienstwagen. Die Fahrzeuge seien zudem überdurchschnittlich motorisiert. Das ist zwar gut für die Autoindustrie, deren Absatz damit gefördert wird, aber schlecht für die Umwelt. Klar, Firmen sollen Mitarbeitern auch in Zukunft Fahrzeuge zur Verfügung stellen können, aber bitte nicht mit steuerlicher Hilfe der Allgemeinheit.
Zweitens, das sogenannte Diesel-Privileg: Es schlägt mit etwa acht Milliarden Euro im Jahr zu Buche. Noch immer wird dieser Kraftstoff gegenüber Benzin steuerlich bevorzugt, was unter anderem zu Beginn der Neunzigerjahre damit begründet wurde, dass der Güterverkehr auf der Straße vor Konkurrenz aus dem Ausland geschützt werden müsse. Das führte allerdings auch dazu, dass wegen des billigeren Sprits viele private Autobesitzer auf den Diesel setzten. Die Abschaffung der Diesel-Subvention - wenigstens schrittweise - würde damit viele treffen, wäre aus Umweltgründen aber durchaus sinnvoll und wünschenswert.
Drittens, der Flugverkehr: Er trägt wie das Auto zur Klimakrise bei, wird aber auch gefördert. Kerosin ist steuerfrei, internationale Flüge sind von der Mehrwertsteuer befreit. Deutsche Fluggesellschaften weisen - durchaus mit Recht - darauf hin, dass eine einseitige Kerosinbesteuerung in Deutschland zu Nachteilen und Ausweichbewegungen ins nahe Ausland führen könnte. Hier sollte deshalb schnell eine EU-weite Regelung gefunden werden.
Natürlich sind, wie so oft, die Widerstände gegen eine Abschaffung von Privilegien groß, einzelne Argumente dagegen müssen abgewogen werden. Auch wenn es unbequem ist: Die Koalition muss schnell umsteuern und darf keine Klientelpolitik betreiben - im Sinne der Umwelt und im Sinne der Bürger.
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