Handelsblatt hier Artikel von Witsch, Kathrin •31.8.23
Der norwegische Konzern Statkraft stockt sein Windpark-Portfolio in Deutschland massiv auf. Immer mehr Unternehmen setzen auf den Kauf alter Anlagen.
Der norwegische Windkonzern Statkraft kauft 35 alte Windparks in Deutschland – und will die Leistung der Anlagen mehr als verdoppeln. 413 Millionen Euro legte Statkraft für den Deal auf den Tisch. „Die Energiewende im Land wird zu einem erheblichen Teil über Repowering erfolgen“, ist Stefan-Jörg Göbel, Deutschlandchef bei Statkraft, überzeugt.
Einen dreistelligen Millionenbetrag hat das Unternehmen für die alten Windparks ausgegeben, die sich über insgesamt sieben Bundesländer verteilen. Repowering bezeichnet den Tausch alter Windräder durch leistungsfähigere und größere Anlagen am gleichen Standort.
Im Falle von Statkraft sind die Windräder zwischen 15 und 21 Jahren alt. Innerhalb der nächsten fünf Jahre bekommen diese Anlagen daher keine gesetzlich garantierte Vergütung für Erneuerbare mehr. Im Jahr 2000 wurde im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegt, dass Betreiber von Windkraftanlagen 20 Jahre lang einen festgelegten Betrag je Kilowattstunde Windstrom kassieren, den sie ins Netz einspeisen.
Ohne Repowering lassen sich die Ausbauziele nicht erreichen
Nach und nach bekommen immer weniger alte Anlagen diese gesetzliche Vergütung. Der Bundesverband Windenergie (BWE) rechnet damit, dass die jährliche Förderung bis 2025 jedes Jahr für Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von durchschnittlich 2400 Megawatt Windkraft endet. Nach 20 Jahren stellt sich für die Anlagenbetreiber die Frage: repowern, weiterlaufen lassen oder abschalten?
Vor zwei Jahren wurden die Rahmenbedingungen für Repowering deutlich verbessert und die Genehmigungsprozesse spürbar beschleunigt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr mehr als 550 Windräder in Betrieb genommen, ein Viertel durch Repowering. Im Vorjahr hatte der Anteil der erneuerten Anlagen laut der Fachagentur Wind an Land nur bei 14 Prozent gelegen.
„Der Markt ist schon da“, sagt Göbel. Das macht sich auch am härter werdenden Wettbewerb bemerkbar. „Die Konkurrenz ist mittlerweile wahnsinnig groß, gerade aus dem Finanzbereich“, so der Statkraft-Manager.
Erst vor wenigen Tagen hat das Start-up Nextwind eine Finanzierungsrunde über 750 Millionen Euro verkündet. Unter den Investoren sind neben dem US-Spezialisten Sandbrook Capital die beiden kanadischen Pensionsfonds Public Sector Pension Investment Board (PSP Investments) und Imco. Auch Nextwind setzt auf das Geschäftsmodell Repowering.
Die Genehmigungsverfahren sind einfacher, die Akzeptanz der Bevölkerung meist deutlich größer, weil man Windkraft an den Standorten schon gewohnt ist. Und angesichts der hohen Strompreise lohnen sich neue leistungsstärkere Anlagen wirtschaftlich.
Strompreise noch weit über dem Durchschnitt
Im vergangenen Jahr hatte der Krieg zwischen Russland und der Ukraine und die damit einhergehende Energiekrise für teilweise exorbitant hohe Strompreise gesorgt – sehr zur Freude der Betreiber von Wind- und Solarparks. Mittlerweile haben sich die Preise jedoch wieder beruhigt. Lag der Rekordwert im vergangenen Jahr noch bei 700 Euro die Megawattstunde, kostet dieselbe Menge Strom aktuell noch 114 Euro. Das ist immer noch deutlich über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. In der Regel lag der Preis zwischen 30 bis 50 Euro die Megawattstunde.
Für die Planung der neuen Windparks rechnet Statkraft an alten Standorten mit drei Jahren. Ein Windrad, das vor 15 Jahren aufgestellt wurde, hatte in der Regel eine Leistung von zwei bis drei Megawatt. Die neueste Turbinengeneration verspricht dagegen ein Leistung zwischen sechs und sieben Megawatt. Repowering gilt laut Experten als wesentlicher Bestandteil der Ausbaustrategie in Deutschland.
Aber obwohl wieder mehr neue Windräder an Land gebaut werden, wird Deutschland seine Ausbauziele bis 2030 deutlich verfehlen, warnt der BWE. Das könnte allerdings auch an den hohen Strompreisen liegen. Die machen nicht nur das Repowering zu einer lohnenden Investition.
Viele Betreiber von Altwindparks haben ihre Anlagen aufgrund der hohen Strompreise im vergangenen Jahr überraschend länger am Netz gelassen. Aus der Branche heißt es, dass derzeit viele Windparks einige Jahre länger betrieben werden als ursprünglich geplant.
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